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Aus: Ausgabe vom 19.11.2025, Seite 1 / Ansichten

Recht des Stärkeren

UN-Sicherheitsrat zu Gaza
Von Jörg Tiedjen
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Der Skandal ist da. Aber kaum jemand scheint ihn wahrzunehmen. Statt dessen wird gefeiert, dass der UN-Sicherheitsrat in New York am Montag (Ortszeit) Donald Trumps 20-Punkte-Plan für Gaza abgesegnet hat. Ohne Gegenstimme und bei Enthaltungen Chinas und Russlands. Letzteres hatte einen eigenen Resolutionsentwurf eingebracht. Der verabschiedete Text »begrüßt die Bildung eines Friedensrats für Gaza, genehmigt die Entsendung einer internationalen Stabilisierungstruppe und ermöglicht die Einrichtung eines palästinensischen Exekutivkomitees zur Wahrnehmung der Regierungsgeschäfte in Gaza«, heißt es frohlockend in einer UN-Mitteilung. Der US-amerikanische UN-Botschafter Mike Waltz sprach von einer »historischen« Entscheidung und einem Neubeginn für Nahost. Auch der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu zeigte sich zufrieden und sieht eine »Ära des Wohlstands« anbrechen. Selbst die Palästinensische Nationalbehörde in Ramallah begrüßte den Beschluss. Schließlich soll sie an dem Kolonialprojekt beteiligt werden.

Genau das ist es aber: ein Kolonialprojekt. Denn die Palästinenser in Gaza sollen nicht nur unter internationale Verwaltung gestellt werden. Mehr noch bleibt der Küstenstreifen auf unabsehbare Zeit von den anderen palästinensischen Gebieten isoliert, und windige Investoren dürfen dort auf den von der israelischen Armee hinterlassenen Trümmerfeldern die Trumpschen Träume von einer »Riviera der Levante« umsetzen. Man braucht nicht erst darauf zu verweisen, dass die israelische Gewalt auch am Dienstag anhielt und erneut in der Westbank ein Journalist des Senders Al-Dschasira getötet wurde, um festzuhalten: Das Votum des Sicherheitsrats widerspricht dem Recht der Palästinenser auf Selbstbestimmung und damit einem fundamentalen UN-Prinzip. Es legt die Saat für weitere Konflikte. Wie aber schon die Sicherheitsratsresolution zur Westsahara von Ende Oktober zeigte: Die UN-Charta ist heute gleich mehreren Vetomächten egal. Das Recht des Stärkeren hat sich im höchsten Weltgremium durchgesetzt.

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