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Aus: Ausgabe vom 07.11.2025, Seite 15 / Feminismus
Weltsozialgipfel in Doha

Ziel verfehlt

Weltsozialgipfel in Doha: Dass der Kampf gegen Armut stagniert, betrifft besonders Frauen
Von Jörg Kronauer
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Händeschütteln kann sie: Exbundesaußenministerin und jetzt UN-Parlamentspräsidentin Baerbock in Doha (3.11.2025)

Mit einer ernüchternden Bilanz ist am Donnerstag der zweite Weltsozialgipfel in Katars Hauptstadt Doha zu Ende gegangen. Zumindest die extreme Armut bis zum Jahr 2030 auszurotten – das war eines der wichtigsten Ziele, die der erste Weltsozialgipfel vor exakt 30 Jahren in Kopenhagen formuliert hatte. Jetzt aber zeige sich, räumte UN-Generalsekretär António Guterres in Doha ein, dass man das Ziel um Meilen verfehlt habe. Denn die 700 Millionen Menschen, die heute noch in extremer Armut lebten, könne man dieser unmöglich innerhalb von fünf Jahren entreißen. Dass immer noch allzu viele Menschen in extremer Armut leben und mehr als eine Milliarde von Armut allgemein – nicht nur in extremer Form – betroffen ist, das konnte man auch in der Abschlusserklärung des Weltsozialgipfels lesen. In ihr fand sich ein Hinweis auf eine oft übersehene Tatsache: Von Armut sind überdurchschnittlich Frauen betroffen. Armut hat ein Geschlecht. Sie ist weiblich.

UN Women, eine 2010 gegründete Agentur der Vereinten Nationen, hat allerlei Bemühungen unternommen, um die geschlechtsspezifische Ungleichheit auf dem Weltsozialgipfel in Doha zum Thema zu machen. Sie brachte sich in Diskussionsrunden ein, nutzte den Gipfel, um eigene Veranstaltungen durchzuführen – und legte Zahlen vor. Diese zeigen: 9,2 Prozent aller Frauen und Mädchen weltweit leben in extremer Armut – insgesamt 376 Millionen –, während dies nur für 8,6 Prozent aller Männer und Jungen gilt. Zudem ist die extreme Armut von Frauen nur sehr langsam rückläufig. Geht es so weiter wie bisher, dann werden im Jahr 2030 immer noch 351 Millionen Frauen in extremer Armut leben. UN-Generalsekretär Guterres hatte bereits im März festgestellt: Bis zur Beseitigung extremer Armut von Frauen werde es beim gegenwärtigen Tempo noch 130 Jahre dauern. Um dieses zu beschleunigen, benötige man bessere Gesundheitsversorgung sowie bessere Bildung für Mädchen.

Und nicht nur das. Man müsste, das hält UN Women fest, die ungleiche Verteilung von unbezahlter Arbeit beenden – Betreuung von Kindern und Senioren, Kochen, Wasserholen, Putzen und vieles mehr. Laut den Statistiken der UN-Agentur leisten Frauen weltweit jeden Tag 16 Milliarden Stunden unbezahlte Arbeit. Im Durchschnitt ist das zweieinhalbmal soviel unbezahlte Arbeit, wie Männer leisten. Die Mehrarbeit wird schon Mädchen aufgebürdet, die weltweit täglich 160 Millionen Stunden mehr Haus- und Pflegearbeit leisten als Jungen. Das hat Folgen. Mädchen haben weniger Zeit zum Lernen, Frauen erhalten dann die schlechteren Jobs, wenn sie überhaupt erwerbstätig sein können. Unbezahlte Pflege hält weltweit 45 Prozent aller Frauen im erwerbsfähigen Alter dem Arbeitsmarkt fern, während das für lediglich fünf Prozent aller Männer gilt. Das sind weitere Faktoren, die dafür sorgen, dass Frauen weniger Geld verdienen als Männer und deshalb stärker von Armut betroffen sind.

Die Ungleichheit zieht sich, das zeigen die Zahlen, die UN Women vor dem Weltsozialgipfel vorlegte, durch alle Lebensbereiche – von der Versorgung mit Nahrung über gesundheitliche Belange bis hin zur Bildung, die ebenfalls für Jungen leichter zugänglich ist als für Mädchen. Auf dem Weltsozialgipfel wurden allerlei Maßnahmen empfohlen, die beitragen sollen, die geschlechtsspezifische Ungleichheit zu beseitigen oder doch wenigstens in einem ersten Schritt zu lindern. Die Forderungen sind nicht neu: Frauen sollen gleichberechtigten Zugang zu annehmbarer Erwerbsarbeit haben, für gleichwertige Arbeit auch gleich bezahlt werden. Ihre Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt soll beendet werden, und sie sollen genauso vom Gesundheitswesen und von Sozialleistungen profitieren können wie Männer. Das Problem: Beschlüsse der Vereinten Nationen klingen oft gut, haben aber nur geringe Chancen auf Realisierung, wenn die gesellschaftlichen Kräfteverhältnisse nicht günstig sind. Das aber ist bei dem Backlash, der große Teile zumindest der westlichen Welt erfasst, immer weniger der Fall.

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