Afghanistan-Konferenz in Doha
Von Jörg KronauerErste Gespräche zwischen den Taliban, Vertretern der Vereinten Nationen und Diplomaten aus mehr als 20 Staaten, darunter die USA, sind am Montag in Katars Hauptstadt Doha zu Ende gegangen. Auf dem zweitägigen Treffen standen Maßnahmen zur Drogenbekämpfung, vor allem aber Wirtschaftsfragen im Zentrum. Hintergrund ist die katastrophale ökonomische Lage Afghanistans, dessen kriegsgeschädigte Wirtschaft auch von westlichen Sanktionen geknebelt wird. Die Folge ist eine humanitäre Notlage: Rund ein Drittel der Bevölkerung von wohl 43 Millionen Menschen hat nicht genug zu essen.
In Doha forderten die Taliban zum einen ein Ende der Sanktionen, zum anderen die Freigabe der in den USA eingelagerten Auslandsguthaben der afghanischen Zentralbank in Höhe von gut sieben Milliarden US-Dollar, die Washington nach dem Abzug vom Hindukusch eingefroren hatte. Konkrete Ergebnisse wurden zunächst nicht bekannt. An diesem Dienstag soll ein weiteres Treffen folgen, zu dem gesellschaftliche Organisationen aus Afghanistan geladen sind.
Das Treffen in Doha war international von verschiedenen Seiten kritisiert worden. Die Vereinten Nationen hatten im Mai vergangenen Jahres mit einem ersten Treffen den Doha Process gestartet, ein Format, in dessen Rahmen Afghanistans Zukunft diskutiert werden soll. Zu dem damaligen Treffen waren zahlreiche Afghanistan-Beauftragte aus Drittstaaten, nicht aber die Taliban eingeladen worden; ihre Regierung wird von keinem Staat weltweit anerkannt. An einem zweiten Treffen Ende Februar 2024 nahmen die Taliban trotz Einladung nicht teil, weil außer ihnen auch gesellschaftliche Organisationen aus Afghanistan in Doha zugegen waren, vor allem Frauenrechtlerinnen. Dass die Vereinten Nationen sich darauf einließen, zu ihrem jetzigen dritten Treffen auf afghanischer Seite nur die Taliban einzuladen, um mit ihnen als De-facto-Machthaber irgendwie ins Gespräch zu kommen, und sich erst heute separat mit gesellschaftlichen Organisationen treffen, ist im Westen kritisiert worden. Damit legitimiere man die »Geschlechter-Apartheid«, die die Taliban errichtet haben, hieß es.
Hintergrund der Entscheidung, trotz der Kritik mit den Taliban zusammenzutreffen, ist zum einen die Erkenntnis, dass sich die Hungersnot auf lange Sicht nicht gegen, sondern nur in Zusammenarbeit mit ihnen lindern lässt – und dass es den Afghaninnen nicht hilft, wenn sie zusätzlich zu ihrer sozialen Diskriminierung auch noch hungern müssen. Zum anderen haben in den vergangenen Jahren insbesondere Russland und China begonnen, eine gewisse Wirtschaftskooperation mit dem Land aufzubauen. Ziel ist es nicht nur, den immer wieder von Afghanistan aus in die gesamte Region von zahlreichen Teilnehmern befürchteten Terror mit einer Entwicklungsperspektive für das Land in den Griff zu bekommen. Afghanistan verfügt zudem über attraktive Rohstoffe und gilt für Moskau wie auch für Beijing als geostrategisch nützlich. Die sich anbahnende Kooperation des Landes mit Russland und China treibt Bestrebungen im Westen voran, in Kabul nicht den Anschluss zu verlieren.
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