»Schurkenstaat« jubelt
Von Max Grigutsch
Erneut stellt Israel seine Fähigkeit zur Schau, jeglichen Friedensprozess im Keim zu ersticken. Am Dienstag hat die israelische Armee Doha bombardiert. Die Luftangriffe galten einer Delegation der Hamas, die zu Gesprächen über den US-Friedensplan in der katarischen Hauptstadt war. »Israels langer Arm wird überall gegen seine Feinde vorgehen«, erklärte Verteidigungsminister Israel Katz am Mittwoch im Onlinedienst X. Dass das auch für ein Land gilt, das eng mit Israels Schutzmacht und Kriegspartner USA verbündet und Vermittler im Gazakrieg ist, stört den Likud-Politiker nicht. »Es gibt keinen Ort, an dem sie sich verstecken können«, bekräftigte er. US-Präsident Donald Trump betonte indessen, nicht für die Attacke verantwortlich zu sein, nannte die »Beseitigung der Hamas« jedoch ein »erstrebenswertes Ziel«. Allerdings hatte es für den Angriff grünes Licht aus Washington gegeben, wie ein US-Offizieller gegenüber der Jerusalem Post bestätigte.
Israelische Kampfpiloten und der Inlandsgeheimdienst Schin Bet hätten mit der Bombardierung »die ganze Welt beeindruckt«, war sich Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sicher. Der laut dem Regierungschef »optimale und präzise« Angriff tötete sechs Menschen – darunter den Sohn des Hauptverhandlers Khalil Al-Hajja, nicht aber den ranghohen Hamas-Anführer selbst, wie die palästinensische Organisation mitteilte. Kein Mitglied des Verhandlungsteams sei ermordet worden, die Aggression sei »gescheitert«. »Wenn wir sie dieses Mal nicht bekommen haben, werden wir sie das nächste Mal bekommen«, erwiderte der israelische US-Botschafter Yechiel Leiter im US-Sender Fox News.
Nach Angaben Dohas ist ein katarischer Sicherheitsmann unter den Toten. Das Emirat wandte sich am Mittwoch in einem Schreiben an UN-Generalsekretär António Guterres und die Mitglieder des UN-Sicherheitsrats. Dieser wollte am Mittwoch abend tagen, wie zuvor bekannt geworden war. Katars Ministerpräsident Mohammed bin Abd Al-Rahman Al Thani hatte den Schlag am Dienstag abend vor Journalisten als »staatlichen Terrorismus« und Israel als »Schurkenstaat« verurteilt, der die Souveränität anderer Länder verletze. Der Regierungschef sprach von einem »entscheidenden Moment« und forderte eine »Antwort aus der gesamten Region«. Er kündigte allerdings an, dass das Golfemirat weiterhin zwischen Israel und der Hamas vermitteln wolle. Nach Informationen der Times of Israel habe das Land die USA aber darüber unterrichtet, die Vermittlungen temporär auszusetzen.
Al Thani sagte außerdem, die US-Regierung habe Katar erst zehn Minuten nach dem Luftangriff kontaktiert. Dabei hätten die USA behauptet, erst kurz zuvor über die Attacke informiert worden zu sein. Trump zeigte sich unterdessen »nicht begeistert«: »Diese Entscheidung wurde von Ministerpräsident Netanjahu getroffen, nicht von mir«, so der Milliardär auf seiner Internetplattform Truth Social. Die einseitige Bombardierung Katars bringe »weder Israel noch Amerika ihren Zielen näher«. Israel wies das zurück. »Wir handeln nicht immer im Interesse der Vereinigten Staaten«, betonte dessen UN-Botschafter Danny Danon am Mittwoch.
Die Zahl der internationalen Kritiker ist Legion. Verurteilungen kamen aus Jordanien, Saudi-Arabien, Ägypten, Irak, Oman und Kuwait, aus der Afrikanischen Union, aus Russland, China und weiteren Staaten. Bundeskanzler Friedrich Merz bezeichnete die Operation als »inakzeptabel«; er habe noch am Dienstag mit dem katarischen Emir telefoniert. Die Bundesregierung stehe aber »auch in engem Kontakt mit der israelischen Regierung«.
»Inakzeptabel« nannte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Mittwoch auch die Lage im Gazastreifen. Dort arbeitet Israels Armee seit anderthalb Wochen an der vollständigen Zerstörung von Gaza-Stadt und der Vertreibung aller Einwohner. Immerhin: Von der Leyen kündigte an, die »bilaterale Unterstützung für Israel« auszusetzen. Indes werden Friedensbemühungen nicht nur in Katar im Keim erstickt. Nachdem die humanitäre »Global Sumud Flotilla« mit Ziel Gaza bereits in der Nacht zum Dienstag in tunesischen Gewässern attackiert worden war, meldeten die Aktivisten in der Folgenacht einen weiteren Schlag. Die Organisatoren gehen von einem Drohnenangriff aus.
75 für 75
Mit der Tageszeitung junge Welt täglich bestens mit marxistisch orientierter Lektüre ausgerüstet – für die Liegewiese im Stadtbad oder den Besuch im Eiscafé um die Ecke. Unser sommerliches Angebot für Sie: 75 Ausgaben der Tageszeitung junge Welt für 75 Euro.
links & bündig gegen rechte Bünde
Jetzt den kostenlosen jW-Newsletter abonnieren – täglich das Beste aus der Tageszeitung junge Welt, direkt in Ihr Postfach. Ihre E-Mail-Adresse wird natürlich niemals an Dritte weitergegeben.
Ähnliche:
- Suhaib Salem/REUTERS31.12.2024
Präsident mit Vorausblick
- Reuters TV via REUTERS20.08.2024
Biden gibt nicht auf
- Hatem Khaled/REUTERS19.08.2024
Vermittlung oder Diktat?
Mehr aus: Ausland
-
Drohnen in Polens Luftraum abgeschossen
vom 11.09.2025 -
»Hau ab, Macron!«
vom 11.09.2025 -
Eine Armee haut ab
vom 11.09.2025 -
Schweizer Militär wirbt um Frauen
vom 11.09.2025 -
Neustart für Inspektionen
vom 11.09.2025 -
Macrons fünfte Wahl
vom 11.09.2025