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Aus: Ausgabe vom 04.11.2025, Seite 1 / Titel
Israel

Botin muss büßen

Israel: Polizei nimmt Exmilitäranwältin fest. Sie hatte ein Video geleakt, das die Misshandlung von palästinensischen Gefangenen durch israelische Soldaten zeigt
Von Gerrit Hoekman
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Rechts verteidigt rechts. Protest gegen die Inhaftierung von Soldaten, die der Folter beschuldigt wurden (Militärgericht, Netanja, Israel, 30.7.2024)

In der Nacht zum Montag hat die israelische Polizei Yifat Tomer-Yerushalmi verhaftet. Das berichtete die Internetzeitung Times of Israel unter Berufung auf polizeiliche Quellen. Die Generalmajorin war bis zu ihrem Rücktritt am vergangenen Freitag die Generalstaatsanwältin der Militärjustiz in Israel. Sie soll die Ermittlungen im Fall um ein Video aus dem berüchtigten Foltergefängnis in Sde Teiman behindert haben. Auch der ehemalige Chefankläger der Streitkräfte, Oberst Matan Solomosh, wurde festgenommen.

Den beiden werden der Polizei zufolge »die Weitergabe von Informationen und andere schwere Straftaten« vorgeworfen. Die Festgenommenen sollen gegenüber den Ermittlungsbehörden falsche Angaben gemacht haben, um zu vertuschen, wo die undichte Stelle ist. Beide sitzen aktuell in U-Haft. Tomer-Yerushalmi hat nach ihrem Rücktritt die Streitkräfte verlassen, Solomoshs Amtszeit ist mittlerweile abgelaufen.

Die Exstaatsanwältin gab in ihrem Rücktrittsschreiben laut Times of Israel zu, dass sie im vergangenen Jahr die Weitergabe des besagten Videos an die Medien genehmigt hatte, auf dem wahrscheinlich zu sehen ist, wie ein palästinensischer Gefangener im Militärgefängnis von Sde Teiman durch fünf israelische Soldaten schwer misshandelt, wahrscheinlich auch vergewaltigt wird. Darauf deuten die schweren Verletzungen hin, die der Palästinenser erlitt: neben Rippenbrüchen auch einen Riss im Enddarm.

Der Fall hatte in Israel und im Ausland für Entsetzen gesorgt. Israelische Menschenrechtsorganisationen wie B’Tselem erklärten, bei dem Verbrechen handele es sich keineswegs um eine Ausnahme. Das rechte bis extrem rechte Lager feiert die Folterknechte wie Helden. Als die fünf Reservisten am 29. Juli 2024 festgenommen werden sollten, brachen Dutzende Sympathisanten in die Haftanstalt ein, um die Verhaftungen zu verhindern.

Mit der Veröffentlichung des Filmmaterials wollte Tomer-Yerushalmi nach eigenen Angaben »falscher Propaganda gegen die Militärjustiz entgegentreten«. Sie habe zeigen wollen, dass Täter in den eigenen Reihen verfolgt würden. Im Laufe des Sonntags war Tomer-Yerushalmi mehrere Stunden lang nicht zu erreichen. Offenbar hatte sie ihrer Familie eine beunruhigende Nachricht hinterlassen, die von den Angehörigen als »Abschiedsbrief« verstanden wurde, was eine fieberhafte Suche nach ihr auslöste. Sie wurde noch am selben Tag wohlbehalten an einem Strand in der Nähe von Tel Aviv aufgefunden.

Die Sorge schien berechtigt, denn seit ihre Beteiligung an der Veröffentlichung des Videos bekannt ist, fallen in den sozialen Medien rechtsextreme Politiker und deren Anhänger über Tomer-Yerushalm her. Sie habe Israel und seine Soldaten, also ihr »eigenes Blut«, verraten. Für Sonntag abend planten Reservisten eine Protestkundgebung gegen die Exgeneralmajorin.

Tally Gotliv, Abgeordnete der Regierungspartei Likud, sagte: »Die Militärstaatsanwältin gehört ins Gefängnis! Ihr sogenannter Selbstmordversuch ist ein Versuch, die Kontrolle über den öffentlichen Diskurs zurückzugewinnen, die Schande ihrer Taten aus den Schlagzeilen zu verdrängen und erneut Menschen aus dem rechten Lager zu diffamieren.«

Die Opposition verurteilte die Hetze von rechts. Yair Golan, der Vorsitzende der sozialdemokratischen Partei HaDemokratim, verglich sie mit dem Hass, der dem damaligen Premierminister Jitzchak Rabin entgegenschlug. Hintergrund: Am Dienstag jährt sich Rabins Todestag zum 30. Mal. Bei einer großen Friedenskundgebung am 4. November 1995 in Tel Aviv wurde der Politiker von einem jüdischen Rechtsextremen erschossen.

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