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Aus: Ausgabe vom 31.10.2025, Seite 8 / Kapital & Arbeit
Treffen von Trump und Xi

Atempause im Handelskrieg

Treffen von Trump und Xi: USA lockern Zollpolitik und Sanktionen, China schwächt Exportkontrolle ab
Von Jörg Kronauer
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Deeskalation im Handelskrieg: Donald Trump und Xi Jinping am Donnerstag in Südkorea

China und die Vereinigten Staaten leiten in ihrem Wirtschaftskrieg deeskalierende Schritte ein. Dies ist das Ergebnis von Gesprächen, die Delegationen beider Seiten unter Leitung der Präsidenten Xi Jinping und Donald Trump am Donnerstag in Südkorea geführt haben. Demnach senken die USA die Zölle auf Einfuhren aus der Volksrepublik, heben einige Sanktionen auf und machen offenbar Zugeständnisse beim Export von Halbleitern, während Beijing seine Exportkontrollen auf seltene Erden abschwächt. Trump schwärmte anschließend von einem »großen Erfolg« und gab der Zusammenkunft mit Xi auf einer Skala von eins bis zehn den Wert zwölf. Xi gab sich deutlich zurückhaltender und mahnte, beide Seiten sollten nun die Folgearbeiten »so schnell wie möglich verfeinern und abschließen«. Vor allem aber müssten sie »den Konsens aufrechterhalten«. Dies bezieht sich mutmaßlich darauf, dass Trump die vorherige Vereinbarung beider Länder zur Dämpfung des Wirtschaftskriegs torpediert hatte, indem er am 29. September einseitig weitere drastische Sanktionen gegen chinesische Unternehmen verhängte.

Zahlreiche Details zu der Vereinbarung, die Xi und Trump am Donnerstag erzielt haben, sind noch unklar. Im Kern hat Beijing jedenfalls zugesagt, einen Teil seiner Exportkontrollen auf seltene Erden für ein Jahr auszusetzen. Wie das Handelsministerium in Beijing bestätigte, geht es dabei lediglich um die recht harten Exportkontrollen nach US-Vorbild, die es am 9. Oktober angekündigt hatte. Weiter in Kraft bleiben die allgemeinen Exportkontrollen, die seit dem Frühjahr stattfinden. Washington wiederum setzt im Gegenzug seine Sanktionen vom 29. September außer Kraft. Die USA werden zudem die 20-Prozent-Zölle halbieren, die sie unter dem Vorwand verhängt hatten, China für den Export von Vorprodukten für Fentanyl bestrafen zu wollen. Allerdings bleiben immer noch äußerst hohe Zölle auf US-Importe aus China in Kraft; Trump bezifferte sie am Donnerstag auf 47 Prozent.

Möglich scheinen gewisse Erleichterungen beim Export von KI-Halbleitern aus den USA in die Volksrepublik. Trump, der vor dem Treffen sogar Ausfuhrerlaubnisse für die modernsten Nvidia-Chips in Betracht gezogen hatte, erklärte am Donnerstag, chinesische Unternehmen könnten Chipkäufe in direkten Verhandlungen mit Nvidia besprechen. Das könnte auf Ausnahmegenehmigungen für den Export bestimmter Chips hindeuten. Trump verkündete zudem, China werde künftig »enorme« Mengen an Sojabohnen und anderen Agrarprodukten in den USA kaufen. Der komplette Stopp chinesischer Importe von US-Soja hatte zahlreiche US-Sojafarmer – loyale Trump-Wähler – in eine existenzielle Krise gestürzt. Beijing hat außerdem nach Auskunft des US-Präsidenten umfangreiche Öl- und Gaskäufe in den USA zugesagt und auch noch versprochen, US-Bestrebungen zur Beendigung des Ukraine-Kriegs zu unterstützen. China hatte sich freilich schon früh um einen Waffenstillstand zwischen Russland und der Ukraine bemüht, was damals die westlichen Staaten torpedierten.

Treffen am Donnerstag kursierende Informationen zu, dann hat die chinesisch-US-amerikanische Übereinkunft Folgen auch für die EU. Zum einen profitieren europäische Unternehmen von der Aussetzung der jüngsten, härteren chinesischen Exportkontrollen – jedenfalls dann, wenn diese tatsächlich, wie Trump es behauptete, grundsätzlich erfolgt und nicht ausschließlich für die USA. Zudem könnte die Aufhebung der US-Sanktionen vom 29. September helfen, den Konflikt um Nexperia zu lösen. Die Niederlande hatten den in chinesischem Besitz befindlichen Chiphersteller auf US-Druck niederländischer Kontrolle unterstellt und den chinesischen Firmenchef gefeuert. China hatte daraufhin den Export von Nexperia-Chips gestoppt, was Auto- und Maschinenbauer in der EU in eine harte Krise zu stürzen droht. Zur Lösung des Konflikts wurden am Donnerstag chinesische Experten in Brüssel erwartet. DIHK-Außenwirtschaftschef Volker Treier forderte nun, die EU müsse endlich eigenständig »mit den Chinesen ins Gespräch« kommen. Weiterhin nur »im Windschatten der USA zu fahren«, das sei nicht mehr tragbar.

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