Trump quetscht EU
Von Arnold Schölzel
Klarstellung eines Kräfteverhältnisses und Ungleichgewichts: Die EU muss ab 1. August Zölle von 15 Prozent auf den Großteil ihrer Ausfuhren in die USA zahlen. Darauf »einigten« sich am Sonntag abend US-Präsident Donald Trump und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen auf einem Golfplatz Trumps in Schottland. Der »Deal« wurde erpresst: Trump hatte gedroht, Zölle in Höhe von 30 Prozent für EU-Importe zu erheben.
Mit Erfolg: Die EU erlässt die meisten ihrer Zölle auf US-Importe, etwa auf Autos, während die US-Zölle für EU-Einfuhren im Durchschnitt um mehr als zehn Prozent im Vergleich zur Zeit vor Trumps zweitem Amtsantritt steigen. Die EU sagt zudem den Einkauf von Energie – LNG-Gas und Uran – in den USA in Höhe von jährlich je 250 Milliarden US-Dollar zwischen 2026 und 2028 sowie Investitionen von 600 Milliarden Euro zu. Den Hauptanteil soll der Ankauf von Rüstungsgütern ausmachen. Der FAZ sagte der Ökonom Clemens Fuest dazu, das sei »eine Demütigung für die EU«, reflektiere aber »nur die realen Machtverhältnisse«: »Solange die EU-Staaten militärisch von den USA abhängig sind, können sie mit den USA nicht wirklich hart verhandeln.«
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) begrüßte noch am Sonntag abend in einer Pressemitteilung die Vereinbarung. Damit werde »eine unnötige Eskalation in den transatlantischen Handelsbeziehungen« vermieden. Ein Konflikt hätte »die exportorientierte deutsche Wirtschaft hart getroffen«, insbesondere die Autoindustrie: »Wir haben so unsere Kerninteressen wahren können.«
In EU und deutscher Industrie gab es dem entgegengesetzte Bewertungen. Der französische Premierminister François Bayrou sprach am Montag von »einem schwarzen Tag« für die EU. Es sei traurig, dass »ein Bündnis freier Länder« sich nun zur »Unterwerfung« entschlossen habe. Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán ätzte auf Facebook: »Präsident Donald Trump hat Kommissionspräsidentin von der Leyen zum Frühstück verspeist.« Er sei »ein Schwergewicht«, die EU-Repräsentantin »ein Federgewicht«.
Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) sah am Montag »immense negative Auswirkungen«. Die Vereinbarung sei »ein unzureichender Kompromiss« und sende »ein fatales Signal«. Ein »zusätzlicher Tiefschlag« sei, dass die US-Zölle auf Stahl und Aluminium in Höhe von 50 Prozent bestehen blieben. Dem folgte Markiges: »Die EU muss jetzt zeigen, dass sie mehr ist als ein Binnenmarkt – sie muss Machtfaktor sein«. »Wir« bräuchten eine ökonomische Strategie und »den politischen Willen, im globalen Machtgefüge selbstbewusst mitzuspielen«. Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) nannte die Vereinbarung dagegen eine »dringend benötigte Atempause«, der industriepolitische Sprecher der Bundestagsfraktion Die Linke, Mirze Edis, wiederum »schlicht eine Unterwerfung«. Für die Stahl- und Aluminiumindustrie handele es sich faktisch um »einen Wirtschaftsboykott«. AfD-Kofraktionschefin Alice »Hitler war Kommunist« Weidel ließ mitteilen, von der Leyen habe versagt, die EU-Kommission sei »fixiert auf ökosozialistische Planwirtschaft, schrankenlose Migration und umfassende Zensurprojekte«.
Im Zollkonflikt zwischen den USA und China sollten die Gespräche am Montag und Dienstag weitergehen. US-Finanzminister Scott Bessent und der chinesische Vizeministerpräsident He Lifeng wollten sich hierzu in Stockholm treffen. Ein Einknicken Chinas wird nicht erwartet.
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