Container für die Tonne
Von Burkhard Ilschner
Nach aktuellen Zahlen des britischen Branchendienstes Alphaliner zählt die Weltcontainerflotte derzeit 7.446 Schiffe mit einer Kapazität von 33,28 Millionen 20-Fuß-Standardcontainern (Twenty-Foot Equivalent Unit, TEU). 500 von diesen Schiffen (1,8 Millionen TEU) attestiert der dänische Schiffahrtsrat Baltic and International Maritime Council (BIMCO) allerdings, »reif für den Schrott« zu sein; laut Infodienst Hansa beklagt die Organisation eine viel zu geringe Recyclingaktivität in der Schiffahrt.
Die BIMCO-Untersuchung beschränkt sich auf Containerschiffe – Massen- sowie Stückgutfrachter, Öl-, Chemie- oder Gastanker und andere Schiffstypen sind in dieser Betrachtung nicht erfasst. Dennoch legt sie aktuelle Trends offen. Der aktuelle »Überhang« bei den Kapazitäten könne alsbald auf bis zu 850 Schiffe (3,1 Millionen TEU) anwachsen, erläutert BIMCO-Experte Niels Rasmussen, etwa wenn die Neubaunachfrage zunehme, so dass weiterhin zahlreiche Schiffe gebaut würden, aber auch wenn sie abnehme, weil dann Flotten modernisiert würden.
Die United Nations Conference of Trade and Development (UNCTAD) bezifferte das Durchschnittsalter der Schiffe der Welthandelsflotte in ihrer jüngst veröffentlichten Jahresstatistik »Review of maritime transport 2025« auf 23 Jahre. In der Sektion Stückgut seien mit durchschnittlich 28 Jahren die ältesten Schiffe unterwegs. Bei Öltankern seien es 21, bei Containerschiffen 14 und bei »Bulkern« (festes Massengut) zwölf Jahre.
Schaut man die Container genauer an, so wird schnell deutlich, dass der Wert »14« nur begrenzt aussagekräftig ist. Laut Rasmussen ist nämlich der Anteil der Schiffe mit 20 oder mehr Jahren »Dienstalter« von 16 Prozent im Jahre 2020 auf momentan 24 Prozent gestiegen. Das heißt: Obwohl die Neubauaktivität in der Containerschiffahrt jüngst drastisch zugenommen hat, bleiben anteilig immer mehr ältere Einheiten im Einsatz. Im laufenden Jahr, so BIMCO, seien bislang lediglich zehn Containerschiffe recycelt worden. Das treibt die Überkapazitäten zur See in die Höhe – und folglich die Frachtraten in den Keller.
Noch vor wenigen Monaten, bei Inkrafttreten der lange überfälligen Hong Kong Convention der UN-Schiffahrtsorganisation International Maritime Organization (IMO) zum Schiffsrecycling, hatten etliche Experten eine beschleunigte Modernisierung der Welthandelsflotte erwartet – nicht nur, aber auch in der Containerschiffahrt. Letzteres um so mehr, da der Orderbuchstatistik von Alphaliner zufolge das Flottenwachstum der nahen Zukunft überwiegend von immer größeren Schiffen geprägt sein wird: Die zehn größten Linienreedereien stellen mit ihren aktiven Schiffen derzeit knapp 54 Prozent der Weltcontainerflotte, mit diesem Anteil aber zugleich rund 83 Prozent der Transportkapazität; im Durchschnitt können ihre Schiffe 6.942 TEU pro Einheit befördern. Bilanziert man jedoch die aktuellen Neubauaufträge der großen Zehn, so ergibt sich, dass sie einen Zuwachs von 555 Einheiten erwarten, wobei ein Schiff durchschnittlich 14.075 TEU befördern können wird.
Diese Entwicklung könnte durchaus eine Zunahme der Recyclingquote zur Folge haben. Möglicherweise wirken dem jedoch die Lücken der neuen IMO-Regularien entgegen. Um die weiß jeder Reeder, der eine Modernisierung erwägt und die Klimaschutzdiskussion des internationalen Seehandels halbwegs verfolgt. So kritisierte die NGO Shipbreaking Platform, die seit langem die humanitär wie ökologisch katastrophalen Bedingungen der mittelasiatischen Abwrackstrände anprangert, bereits bei Inkrafttreten der Hong Kong Convention das Fehlen verbindlicher Vorgaben zum Recycling. Für verantwortungsvolle, klimafreundliche Anbieter sei das ein wettbewerbliches Hemmnis.
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