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Aus: Ausgabe vom 17.10.2025, Seite 4 / Kapital & Arbeit
Rüstungskooperation mit Kiew

Krieg als »Win-win-Situation«

Pistorius schließt Rüstungsabkommen mit Kiew. Deutsche Waffen sollen in der Ukraine produziert werden
Von Philip Tassev
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Schützenpanzer vom Typ »Lynx« im Rheinmetall-Werk in Unterlüß. Der Konzern will das Gefährt auch in der Ukraine bauen lassen (6.6.2025)

Vor zwei Jahren hatte die ukrainische Regierung die Losung ausgegeben, »das Arsenal der freien Welt« zu werden. Auch wenn die Ukraine aus Sowjetzeiten die industrielle Basis für eine leistungsfähige Rüstungsindustrie geerbt hat, sind Kiews Streitkräfte bis heute weitgehend von ausländischen Geldtransfers und Waffenlieferungen abhängig.

Um das zu ändern, hat die ukrainische Regierung die sogenannte Sbroja-Initiative gestartet. Mit dem Programm soll die Ukraine »von einem Hilfsempfänger zu einem vollwertigen Industriepartner« transformiert werden, wie es von seiten der Armee heißt. Die Bundesregierung unterstützt das. Die Verteidigungsminister der Ukraine und der BRD, Denis Schmigal und Boris Pistorius, haben am Mittwoch abend in Brüssel ein entsprechendes Abkommen geschlossen. Es sieht die verstärkte Zusammenarbeit im Bereich der Rüstungsindustrie vor.

»Das von uns unterzeichnete Abkommen schafft die Grundlage für den Ausbau der bilateralen Zusammenarbeit in den Bereichen Verteidigungsindustrie, Technologie und Innovation. Es wird zur Entwicklung gemeinsamer Industrieprojekte für die Produktion von ›Lynx‹-Schützenpanzern und Munition in der Ukraine sowie zur Reparatur von ›Gepard‹-Flugabwehrsystemen und ›Leopard‹-Panzern beitragen«, verkündete Schmigal am Mittwoch abend.

Die ukrainische Rüstungsindustrie sei »leistungsstark und innovativ«, hatte Pistorius zuvor bei der NATO-Konferenz in Brüssel behauptet. Es lohne sich, in sie zu investieren. Das Abkommen mit seinem ukrainischen Amtskollegen sei eine klassische »Win-win-Situation« für beide Länder. Der SPD-Politiker versprach zudem weitere Waffenlieferungen, insbesondere zur Flugabwehr, in Höhe von rund 2 Milliarden Euro.

Der Düsseldorfer Rheinmetall-Konzern hatte schon im vergangenen Jahr die Absicht kundgetan, in der Ukraine zu investieren und dort Artilleriemunition zu produzieren. Im Februar dieses Jahres legte Firmenchef Armin Papperger nach und vereinbarte mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenskij »unsere strategische Partnerschaft bei Munition, gepanzerten Fahrzeugen und Luftverteidigungssystemen weiter auszubauen«, wie er damals dem Spiegel sagte. Neben Schützenpanzern vom Typ »Lynx« sollten »möglichst bald« auch Flugabwehrsysteme der Typen »Skynex« und »Skyranger« in der Ukraine gefertigt werden, perspektivisch auch der neue »Panther«-Kampfpanzer.

Aber der Aufbau neuer Produktionsstätten scheint – wenn überhaupt – eher schleppend voranzugehen. Im Juli sagte Papperger zu Bild, dass für das Munitionswerk und für ein Panzerreparaturwerk die Finanzierung gesichert und die Verträge unterschrieben seien. Der »Lynx«-Schützenpanzer befindet sich aber bei Kiews Armee offenbar noch immer in der Erprobungsphase, weit weg vom Kampfgeschehen. Nachdem der Konzern die zuvor veröffentlichten Zeitpläne für den »Lynx« bereits zweimal nach hinten verschoben hatte, will der Rüstungskonzern nun spätestens 2027 mit der Produktion des Panzerwagens in der Ukraine beginnen.

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