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Online Extra
02.10.2025, 15:20:00 / Ausland
Nahostkonflikt

Rückschlag für Gaza-Flottille

Israelische Marine kapert Boote in internationalen Gewässern. Hungerstreik ab Sonnabend. Weitere Schiffe unterwegs
Von Jörg Tiedjen
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Auf dem Weg nach Gaza festgenommen und nach Israel verschleppt: Greta Thunberg und der brasilianische Aktivist Thiago Avila (r., 2.10.2025)

Was befürchtet worden war, ist eingetreten: Auch die »Global Sumud Flotilla« ist von der israelischen Armee gestoppt worden. Am Mittwoch abend gegen 19 Uhr meldeten Teilnehmer der Hilfsaktion, dass ein Verband von zehn bis 20 israelischen Kriegsschiffen vor ihnen aufgekreuzt sei. Zu diesem Zeitpunkt befanden sie sich circa 100 Seemeilen vor der Küste Gazas. Sie seien aufgefordert worden, ihre Fahrt abzubrechen. Darauf hätten israelische Soldaten begonnen, die Boote eines nach dem anderen zu entern und die Besatzungen festzunehmen, allen voran die schwedische Aktivistin Greta Thunberg. Auch wurde die Hilfsflotte mit Wasserkanonen beschossen, wie auf Videos zu sehen ist. Bis Donnerstag morgen sollen mindestens 20 der insgesamt 40 Boote zählenden Flottille gekapert worden sein. Auf einer weiteren Aufnahme ist zu sehen, wie Aktivisten sich mit erhobenen Händen den Angreifern ergeben. Nach bisherigen Erfahrungen werden sie nach Israel verschleppt, um dann von dort ins Ausland abgeschoben zu werden.

Kaum war die Nachricht von dem Angriff auf die Sumud-Flottille eingetroffen, versammelten sich Palästina-Aktivisten in Berlin vor dem Hauptbahnhof und in mehreren italienischen Städten zu Protesten. Auch die türkische Regierung kritisierte das Vorgehen Israels als Verstoß gegen das Völkerrecht. Schließlich befand sich die Flottille in internationalen Gewässern, und Angriffe auf humanitäre Hilfskonvois sind ein Kriegsverbrechen – daran ändert auch die israelische Propaganda nichts, dass die Flottille von der Hamas organisiert sei, wie mit fadenscheiniger Begründung unmittelbar vor dem jüngsten Akt der Piraterie in Umlauf gebracht worden war. Nach Angaben einer breiten Koalition von Hilfsgruppen soll am Sonnabend in Berlin ein unbefristeter Hungerstreik beginnen, um »Druck auf die deutsche Bundesregierung« auszuüben. Ziel sind eine sofortige Freilassung aller von Israel inhaftierten Aktivisten der Flottille, ein Ende der israelischen Blockade Gazas, eine Einstellung aller deutschen Waffenlieferungen sowie ein sofortiger Stopp des Genozids an der palästinensischen Bevölkerung, wie es in einer Presseerklärung heißt.

Ob es tatsächlich einigen Booten gelungen ist, dem israelischen Angriff zu entkommen, blieb am Donnerstag mittag unklar. Die Besatzungen zweier Schiffe hatten am Mittwoch abend in sozialen Netzwerken mitgeteilt, dass sie die israelische Aufforderung zum Stopp missachtet und sich bis auf 60 Seemeilen der Küste Gazas genähert hätten. Die UN-Sonderberichterstatterin Francesca Albanese schrieb daraufhin auf Twitter: »60 Seemeilen? Wow. Wenn normale Bürger dieser Welt mit kleinen, schlecht ausgestatteten Booten das schaffen, warum brechen dann Staaten nicht mit ihren Marinen die Blockade?« Während der einwöchigen UN-Generaldebatte, die am Montag endete, hatte Albanese bereits die Mittelmeer-Anrainer aufgefordert, der Sumud-Flottille mit Kriegsschiffen zu Hilfe zu kommen, um die israelische Blockade Gazas zu brechen. Ein Vorschlag, der vom linken kolumbianischen Präsidenten Gustavo Petro weiter ausgeführt wurde. Er forderte eine Militärintervention unter Mandat der UN-Vollversammlung, um den Völkermord in Gaza zu beenden.

Tatsächlich hatten Italien, Spanien und die Türkei Marineschiffe ausgesandt, um die Sumud-Flottille zu eskortieren. Allerdings wurden die Kriegsschiffe am Donnerstag vor Erreichen der von Israel beanspruchten 200-Meilen-Zone wieder abgezogen. Schon zuvor hatte die israelische Armee die Aktivisten immer wieder mit Drohnen attackiert und Funksignale gestört. Am Mittwoch war jW auch vom möglichen Einsatz eines U-Bootes gegen die Sumud-Flottille berichtet worden. Doch wie am Donnerstag bekannt wurde, soll das noch längst nicht das Ende des Versuchs sein, die Blockade Gazas auf dem Seeweg zu durchbrechen. So soll laut Mitteilung in sozialen Netzwerken aus der Türkei eine weitere Flotte von mehr als 45 Booten nach Gaza aufgebrochen sein, und auch von Sizilien und Apulien aus sind zehn weitere Schiffe der »Freedom Flotilla Coalition« in Richtung des bedrohten Küstenstreifens in See gestochen.

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