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Aus: Ausgabe vom 02.10.2025, Seite 2 / Ausland
Ukraine-Krieg

EU bleibt auf Kriegskurs

Brüssel gibt Milliarden an Kiew für Drohnenbau
Von Ina Sembdner
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Mette Frederiksen gibt am Mittwoch in Kopenhagen den antirussischen Ton vor

Die EU-Spitzen gehen weiter in die vollen, um den Ukraine-Krieg am Laufen zu halten – rhetorisch wie materiell. Zur Eröffnung des informellen Treffens der Staats- und Regierungschefs zog Gastgeberin Mette Frederiksen am Mittwoch in Dänemarks Hauptstadt Kopenhagen Parallelen zur Zeit zwischen den beiden Weltkriegen. Eine Lektion von damals sei, dass man nicht schnellstmöglich aufgerüstet habe, damit sich Demokratien verteidigen konnten, so die steile These der sozialdemokratischen Premierministerin.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sekundierte: »Wenn wir uns alle einig sind, dass die Ukraine unsere erste Verteidigungslinie ist, dann müssen wir die militärische Unterstützung für die Ukraine verstärken.« Konkret kündigte sie die Bereitstellung von vier Milliarden Euro für Kiew an. Die Hälfte davon soll in unbemannte Flugkörper investiert werden und dem Ausbau der ukrainischen Produktionskapazitäten für Drohnen dienen. Und ungeachtet der Tatsache, dass die Herkunft der in den vergangenen Tagen über Dänemark gemeldeten Drohnen weiter unklar ist, sprach von der Leyen von einem erkennbaren Muster von Luftraumverletzungen: »Und dieses Muster kommt aus Russland.«

Neben der Aufrüstung der Europäischen Union sollte es bei dem Treffen auch um die Verwendung des eingefrorenen russischen Vermögens gehen. Für Moskau handelt es sich dabei um »Pläne zur illegalen Entnahme russischen Eigentums, einfach gesagt: um Diebstahl«, wie Präsidialamtssprecher Dmitri Peskow laut Agenturen kommentierte. Der Schritt führe dazu, das Vertrauen in Europa zu zerstören. Es werde damit klar, dass das Prinzip der Unantastbarkeit von Eigentum damit außer Kraft gesetzt werde, sagte Peskow. Er warnte vor einem Bumerangeffekt. Russland behalte es sich zudem vor, alle Beteiligten – auch Staaten – zur Verantwortung zu ziehen. Die Zinsen der russischen Vermögen werden bereits ausgegeben. Die ukrainische Ministerpräsidentin Julija Swiridenko bedankte sich am Mittwoch für eine weitere Tranche in Höhe von vier Milliarden Euro. Das Finanzministerium in Kiew schrieb, dass die Kreditgelder für Ausgaben in den Bereichen Soziales und Wiederaufbau, aber auch im Militärbereich verwendet werden können.

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  • Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (2. Oktober 2025 um 10:15 Uhr)
    Die EU hat es über Jahre hinweg versäumt, ihre industrielle Stärke und militärische Sicherheit zu bewahren – nicht zuletzt durch ideologisch geprägte Klima-, Energie-, und Gesellschaftspolitik. Heute muss sie den Preis dafür zahlen. Die Ukraine wird dabei zum geopolitischen Spielball und letztlich zum Opfer eines Krieges, den sie gegen eine Atommacht wie Russland nicht gewinnen kann. Dieses humanitäre Desaster ist keine Frage des Geldes, sondern des politischen Realismus, den die EU-Führung von Beginn an hätte walten lassen müssen. Dass Brüssel nun versucht, die Unterstützung Kiews teilweise über eingefrorene russische Vermögen zu finanzieren, zeigt die eigene Schwäche: Man greift nicht auf eigene Mittel zurück, sondern auf fremdes Eigentum – mit unkalkulierbaren finanzpolitischen und rechtlichen Folgen. Dieser Schritt mag kurzfristig Mittel freisetzen, untergräbt jedoch langfristig Vertrauen in Europa und sendet ein Signal der Hilflosigkeit.
    • Leserbrief von Onlineabonnent/in Joachim S. aus Limassol (2. Oktober 2025 um 14:07 Uhr)
      Die meisten der EU-Länder sind Mitglied der NATO. Und gerade dieses hochaggressive Bündnis soll vergessen haben, »ihre militärische Sicherheit zu bewahren«? Das meinen Sie doch wohl nicht im Ernst, lieber I.H.!
  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Joachim S. aus Limassol (2. Oktober 2025 um 07:55 Uhr)
    Man sollte in Brüssel alle Fenster vernageln, damit nicht auch Ursula von der Leyen eines Tages mit dem Ruf »Die Russen kommen!« hinausspringen kann. Ihre Äußerungen sprechen schon heute eine deutliche Sprache, wie nahe sie diesem Wahnsinn bereits ist. Außerdem schützt man auf diese Weise gleich auch Frau Kalls, bei der ein ähnliches Syndrom ebenfalls schon seit Längerem ausgeprägt vorhanden ist.
    • Leserbrief von Onlineabonnent/in H.-J. R. aus Berlin (5. Oktober 2025 um 14:45 Uhr)
      Danke, obgleich es sonst nichts zu lachen gibt! Ein schöner Vergleich zur Suche nach einem Grund für den Beginn des 30jährigen Krieges 1618. Der Fenstersturz zu Prag wäre heute auch u. a. zu Berlin, Paris und London als willkommene Bedrohungslüge denkbar – also könnte da schon fast ein ganzer Wald abgeholzt werden nebst Nagel-, Hammer- und Kneifzangenauftrag für Rheinmetall, auf dass mit Nägeln, anstatt Raketen umgegangen wird. Aber das wird heute nach einem vielleicht etwas mehr als dreißig Minuten dauernden Krieg auch nicht mehr mittelalterliches, sondern Steinzeitniveau erfordern. Gegenwärtig sind ja noch neben den EU-NATO-Rußlandflächengiergelüsten Kneifzangen in Mode, womit wir uns die Hosen hochziehen sollen. Die Demagogie ist grenzenlos, und ich glaube, Herr Hidy sollte sich davon freimachen, wenn er naiv von Schwäche der EU schreibt.
    • Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (4. Oktober 2025 um 13:59 Uhr)
      Lieber Joachim S., die NATO ist bewusst so konzipiert, dass sie ohne die USA nur eine beschränkte Verteidigungsfähigkeit der Einzelstaaten ermöglicht, jedoch keine eigenständige, nach außen durchsetzungsfähige Macht. Schauen Sie sich den Zustand der Bundeswehr an! Nicht umsonst schüren propagandistische Medien Angst und fordern immer neue Aufrüstungsdebatten. Den Mitgliedsländern fehlen jedoch nicht nur Geld, sondern auch die industrielle Kapazität und – vor allem – die Truppen, die auf Töten und Getötetwerden gedrillt sind.
      • Leserbrief von E.Rasmus aus Berlin (6. Oktober 2025 um 15:26 Uhr)
        Auch wenn ich nicht angesprochen bin, sondern Joachim S. gemeint ist, so fühle ich mich doch zu einer Erwiderung aufgefordert. Von der Bundeswehr auf die anderen Aggressionsarmeen zu schließen, ist gefahrvoll naiv. Aus der Historie heraus gab es da noch im Gegensatz zu Kriegsminister Pistorius ein paar Manschetten. Und ich glaube da Sarah Wagenknecht, wenn sie wiederholt die konventionelle Überlegenheit der NATO gegenüber Russland anspricht, weswegen Sarah bei dessen Gegenwehr als einzig »erfolgreich« den Einsatz von Atomwaffen nennt. Außerdem ist es naiv, heute diese außer Betracht zu lassen, egal von welcher Seite. Und wie heißt es im politökonomischen Grundwerk von Karl Marx »Das Kapital«, wo er in einer Fußnote Thomas Joseph Dunning (1799–1873) zitiert, aus der ich hier den Kern anführe? »300 Prozent und es existiert kein Verbrechen, das es nicht riskiert, selbst auf die Gefahr des Galgens. Wenn Tumult und Streit Profit bringen, wird es sie beide encouragieren. Beweis: Schmuggel und Sklavenhandel.« Heute, angesichts der technischen Eskalation für den Militarismus, reicht die Ermutigung bis zur atomaren, biologischen und chemischen Infragestellung allen Lebens. Die NATO ist ein untrennbar wesenhafter Bestandteil des Imperialismus, der faulend, parasitär, ja auch letztlich sterbend ist – wie Lenin herausarbeitet – eben selbst auf die Gefahr des Galgens hin im Größenwahn nebst dem Ende irdischen Lebens.
        • Leserbrief von Onlineabonnent/in Franz S. (7. Oktober 2025 um 15:51 Uhr)
          »Von der Bundeswehr auf die anderen Aggressionsarmeen zu schließen, ist gefahrvoll naiv. Aus der Historie heraus gab es da noch im Gegensatz zu Kriegsminister Pistorius ein paar Manschetten« Warum schreiben Sie nicht allgemeinverständlich? Wollen Sie die Armee des deutschen Imperialismus verniedlichen und als nicht so aggressiv hinstellen, weil sie vor sechzig, siebzig Jahren berechtigterweise noch »Manschetten« vor der Roten Armee hatte? Teilen Sie etwa die Sorgen des Lesers, der Adressat ihrer »Erwiderung« war: »Schauen Sie sich den Zustand der Bundeswehr an!«?
          • Leserbrief von E. Rasmus (8. Oktober 2025 um 12:11 Uhr)
            Pardon, aber Sie unterstellen mir da etwas. Was heißt hier »allgemeinverständlich«? Ich setzte voraus, dass die hier Schreibenden die Geschichte kennen und Aussagen angemessen einzuordnen wissen. Zum ABC der Geschichte gehört auch die Taktik der Diplomatie, um beispielsweise eben sich darzustellen und die Wahrheit, dass Nazis die BRD mitbegründet und geprägt haben, zu bemänteln. Hier waren, wenngleich von Brandt ehrlich gemeint, sein Kniefall von Warschau 1970 für die Aufbesserung des Ansehens der BRD sehr willkommen. Friedrich von Weizsäcker in seiner Antrittsrede als Bundespräsident sagte u. a.: »Gewiss, wir haben unsere besonderen Schwierigkeiten mit unserem Nationalgefühl. Unsere eigene Geschichte mit ihrem Licht und ihrem Schatten und unsere geographische Lage im Zentrum Europas haben dazu beigetragen.« Und ich erinnere, dass das von den Alliierten beschlossene Potsdamer Abkommen, sowie auch die schlimmsten Erinnerungen der Kriegsgeneration wie zugleich im Zusammenleben mit dem Nachbarn Frankreich, wo es die Résistance gegeben hatte, auch militärpolitische »Manschetten« zumindest vordergründig auferlegte. Während Frankreich eine Atomstreitmacht ist, war das der BRD selbst verwehrt. Natürlich aber haben die USA hier vor allem das Sagen – mit dem Sieg der europäischen Konterrevolution um so mehr, da es die Sowjetarmee nicht mehr hier als Besatzungsmacht gibt. Im übrigen, man muss sich nicht immer mit jedem Steinchen befassen, wenn der Weg erkenn- und begehbar ist. Ich habe vor 54 Jahren im Wachregiment Feliks Edmundowitsch Dzierzynski gedient und verniedliche nicht – dazu muss ich mir die NATO-Teilstreitkraft eines Hitlergenerals Heusinger, als auch erstem Generalinspekteurs, bis hin zum Kriegsminister Pistorius nicht anschauen.
      • Leserbrief von Onlineabonnent/in Franz S. (6. Oktober 2025 um 12:23 Uhr)
        Danke für die offenen, entlarvenden Worte. In diesen wenigen Sätzen ist so viel falsch: Die NATO wird gegen alle Erfahrungen als Verteidigungsbündnis hingestellt. Auch dass das imperialistische Deutschland (versteckt hinter der Formulierung »Einzelstaaten«) keine »eigenständige, nach außen durchsetzungsfähige Macht« sei, kann nur jemand behaupten, der in einem Elfenbeinturm lebt. Die Propaganda für die Bundeswehr rundet diesen schlimmen Beitrag ab. Ist Ihnen eigentlich bewusst, für welche Kräfte Sie hier – unentgeltlich – die Propagandatrommel rühren?

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