junge Welt: Jetzt am Kiosk!
Gegründet 1947 Donnerstag, 2. Oktober 2025, Nr. 229
Die junge Welt wird von 3036 GenossInnen herausgegeben
junge Welt: Jetzt am Kiosk! junge Welt: Jetzt am Kiosk!
junge Welt: Jetzt am Kiosk!
Aus: Ausgabe vom 27.09.2025, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Handelskrieg

Nun sollen es Pharmazölle sein

US-Präsident Trump kündigt Importaufschläge von 100 Prozent auf Medikamente an
Von David Maiwald
Medikamente_Tablette_87360784.jpg

Sie sollen in den USA produzieren oder werden mit hohen Einfuhrzöllen belegt. US-Präsident Donald Trump hat erneut drastische Erhöhungen von Importabgaben angekündigt, die vor allem die Pharmabranche empfindlich treffen dürften. Ab dem 1. Oktober, so schrieb Trump in seinem Kurznachrichtennetzwerk »Truth Social«, sollen importierte Markenmedikamente mit 100prozentigen Zöllen belegt werden. Würden Firmen aber Produktionsstandorte in den USA aufbauen, entfalle der Zollaufschlag. Zu »bauen« definiere dabei einen offiziellen Baustart oder bereits im Bau befindliche Anlagen, so Trump.

Die EU-Kommission ließ am Freitag verlauten, hiesige Hersteller könnten davon nicht betroffen sein. Der im August mit den USA getroffene Handelsdeal halte für den Pharmabereich Zölle von maximal 15 Prozent fest. Der Verband forschender Pharmaunternehmen erklärte, zu der Einigung mit der EU stehe Trumps Ankündigung im Widerspruch. Der Verband Pharma Deutschland sah dagegen einen »massiven Angriff auf den internationalen Handel und die Versorgungssicherheit in Europa«, wie sich dessen Hauptgeschäftsführerin Dorothee Brakmann zitieren ließ.

Der Verband der chemischen Industrie (VCI) nannte die Ankündigung »einen weiteren Schlag ins Gesicht«. Sollte der EU-Deal »nicht auch für Pharmaprodukte gelten, ist er nichts wert«, erklärte VCI-Präsident Wolfgang Große Entrup. Die EU müsse nun darauf drängen, dass »beide Seiten zu den getroffenen Vereinbarungen stehen (…) Sonst kann dieser Deal nur Geschichte sein.« Schließlich habe die hiesige Pharmabranche 2024 Produkte im Wert von 27,9 Milliarden Euro in die USA exportiert. »Mit einer Bewertung zurückhalten«, wollte sich laut Reuters ein Sprecher des Bundeswirtschaftsministeriums. »Die tatsächliche Umsetzung in einen Rechtsakt« stehe in den USA schließlich noch aus.

Das stimmt, doch ist die Mitteilung von Trump als unmissverständliches Signal an die Pharmaindustrie zu verstehen, Produktionskapazitäten in den USA aufzubauen. Große Hersteller von Pharmazeutika, wie der deutsche Chemieriese Bayer oder die Schweizer Novartis-Gruppe verfügen bereits über Standorte in den USA. Kleinere Hersteller könnten für eine Ansiedlung aber zu erheblichen Kapitalaufwendungen gezwungen sein oder aber ihre Marktanteile an die Großen verlieren.

Sollte die Ankündigung nur Markenmedikamente betreffen, müssten Generika – also kostengünstigere Nachahmerpräparate mit gleichen Wirkstoffen – davon ausgenommen sein. Unklar ist jedoch, wie die US-Behörden definieren, was ein Markenprodukt ist. Schließlich werden auch die billigeren Präparate mit Herstelleretiketten gehandelt. Die Nachfrage danach könnte zudem kurzfristig stark ansteigen, sollten die Markenarzneien künftig durch hohe Zollaufschläge verteuert werden. Würden Generika dann weiterhin billiger importiert, dürfte Washington gezwungen sein, die eigene Produktion zu fördern – oder aber weitere Zollmaßnahmen erheben müssen.

Das könnte etwa Indien treffen, das jährlich Generika im Umfang von rund 20 Milliarden US-Dollar in die Vereinigten Staaten exportiert, erinnerte die indische Tageszeitung The Hindu am Freitag. Das seien etwa 40 Prozent der in den USA erhältlichen Nachahmerpräparate. Sollten die USA die Zollerhöhungen umsetzen, könnte das viele indische Pharmahersteller treffen, da sie für die Markenprodukte der Pharmamultis Rezepte und Inhaltsstoffe entwickeln. Eine höhere Zollbelastung der Endprodukte könnte diesen Geschäftszweig belasten.

Tageszeitung junge Welt am Kiosk

Die besonderen Berichterstattung der Tageszeitung junge Welt ist immer wieder interessant und von hohem Nutzwert für ihre Leserinnen und Leser. Eine gesicherte Verbreitung wollen wir so gut es geht gewährleisten: Digital, aber auch gedruckt. Deswegen liegt in vielen tausend Einzelhandelsgeschäften die Zeitung aus. Überzeugen Sie sich einmal von der Qualität der Printausgabe. 

links & bündig gegen rechte Bünde

Jetzt den kostenlosen jW-Newsletter abonnieren – täglich das Beste aus der Tageszeitung junge Welt, direkt in Ihr Postfach. Ihre E-Mail-Adresse wird natürlich niemals an Dritte weitergegeben.

Ähnliche:

  • Aus Russland soll nach Willen des Westens überhaupt kein Öl mehr...
    18.09.2025

    Den EU-Export ersetzen

    Moskau sucht Alternativen für den entfallenen Absatz im Brüsseler Staatenbündnis
  • China wehrt sich angesichts der noch nicht lange zurückliegenden...
    08.07.2020

    Hauptfeind China

    Für die US-Regierung ist die Volksrepublik Gegner Nummer eins geworden. Jetzt sollen auch Bundesregierung und EU auf Sanktionskurs gebracht werden

Mehr aus: Kapital & Arbeit