Teheran widersteht Erpressung
Von Dieter Reinisch, Wien
Der Iran sucht immer noch eine Einigung mit Großbritannien, Frankreich und Deutschland. Denn am Sonnabend endet die Frist für den sogenannten Snapback-Mechanismus. Den haben die drei europäischen Staaten, gemeinsam als E3 bezeichnet, aktiviert. Er ist im Wiener Abkommen über das iranische Atomprogramm (JCPOA) enthalten und kann ausgelöst werden, wenn sich der Iran nicht an die Vereinbarung hält. Diese läuft im Herbst aus. Russland fordert eine sechsmonatige Verlängerung, um »in Ruhe eine diplomatische Lösung auszuhandeln«, betonte der russische UN-Botschafter in Wien, Mikhael Uljanow, vergangene Woche gegenüber jW.
Die E3 hatten den Mechanismus ausgelöst, als der Iran gerade drei Gesprächsrunden in Teheran, Wien und Genf mit ihnen und der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) abgeschlossen hatte und erstmals wieder IAEA-Inspektoren in Teheran eintrafen. Darauf setzte die am Wochenende auslaufende Frist für eine diplomatische Lösung ein. Gibt es diese nicht, treten durch den »Snapback« wieder Sanktionen in Kraft, die mit dem JCPOA aufgehoben waren.
Am Mittwoch landete Irans Präsident Massud Peseschkian in New York, um an der UN-Generalversammlung teilzunehmen. Die Tage zuvor hatte es in der US-Metropole intensive Gespräche über das iranische Atomprogramm gegeben. Außenminister Abbas Araghtschi weilte bereits seit Sonntag in den USA. Am Montag traf er dort IAEA-Generaldirektor Rafael Grossi. Einen Tag später führte Araghtschi mit den Chefdiplomaten der E3-Länder und der EU-Außenbeauftragten Kaja Kallas Gespräche. Diese seien »positiv« verlaufen, war aus UN-Kreisen gegenüber jW zu vernehmen.
Eine von Russland, China und dem Iran eingebrachte Resolution gegen Angriffe auf nukleare Einrichtungen war vergangene Woche von der IAEA-Generalkonferenz in Wien auf Druck der USA zurückgezogen worden. Washington hatte einzelnen IAEA-Mitgliedern gedroht, ansonsten die bilateralen Beziehungen zu ihnen abzubrechen.
Dennoch hofft auch Grossi weiter auf ein Abkommen. Am Dienstag reiste ein Team von Inspektoren in den Iran, da er noch an die Möglichkeit einer Last-Minute-Einigung mit den E3 glaube. Gegenüber der Londoner Times erklärte er, der Iran sei trotz der Luftangriffe im Juni weiter in der Lage, sein Atomprogramm voranzutreiben.
Iran will sich den E3 nicht einfach beugen. Der Chef der iranischen Atombehörde AEOI, Mohammed Eslami, war am Montag in Moskau eingetroffen. Der Besuch sei »ein Wendepunkt in den Beziehungen zwischen dem Iran und Russland, insbesondere im Bereich Energie und Atomkraftwerke«, erklärte er Medienvertretern. Am Mittwoch unterzeichnete Eslami ein Abkommen mit seinem russischen Gegenüber zum Bau von acht neuen Anlagen sowie kleiner modularer Reaktoren im Iran.
Nach der Abstimmung zur von den E3 mit Betätigung des »Snapback-Mechanismus« geforderten Wiedereinführung der Iran-Sanktionen im UN-Sicherheitsrat vergangene Woche hatten Russland und China angekündigt, diese nicht umzusetzen. Auch Indien möchte sich den Zwangsmaßnahmen widersetzen und am Bau des iranischen Tiefseehafens Tschahbahar beteiligt bleiben.
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