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Aus: Ausgabe vom 10.09.2025, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Repression am Arbeitsplatz

Zalando: Repression für Israel

Protest gegen Onlinehändler in Berlin nach Kündigung wegen Palästina-Solidarität
Von Alicja Flisak
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Kein grenzenloses Image: Das Unternehmen gibt vor, sich für Vielfalt und Gleichheit einzusetzen

Die Kampagne »Exposing Zalando« hat für diesen Mittwoch zu einem Protest vor den Zalando-Büros in Berlin aufgerufen. Anlass ist eine geplante Schulung zu Antisemitismus mit der Meldestelle RIAS. Diese stuft Kritik an Israels Politik häufig als antisemitisch ein. Unter öffentlichem Druck hat Zalando RIAS von der Veranstaltung auf dem eigenen Campus ausgeladen und die Schulung auf einen einstündigen Stream reduziert. Das Unternehmen hält aber weiterhin an der Partnerschaft fest. Der Protest will den Druck auf das Unternehmen erhöhen und protestiert gegen die Repression von Palästina-Solidarität. Er skandalisiert zugleich die Kündigung von Mohamad S., einem Zalando-Beschäftigten, der sich öffentlich solidarisch mit Palästina geäußert hatte.

Sein Fall hatte den Anlass für die Gründung der Kampagne gegeben und steht exemplarisch für die zunehmende Kriminalisierung von Palästina-Solidarität am Arbeitsplatz. Denn tatsächlich zeigt sich nicht nur in Deutschland ein repressives Klima: Wer öffentlich die palästinensische Selbstbestimmung unterstützt, riskiert Job und Karriere – oder Selbstzensur. Seit Oktober 2023 wurden in Deutschland wegen öffentlicher Solidarität mit Palästina Journalisten suspendiert, Lehrkräfte wegen Social-Media-Posts verfolgt, Ministeriumsangestellte entlassen, Hochschulbeschäftigte vorgeladen, soziale Einrichtungen geschlossen. Oft dient der Vorwurf des ›importierten Antisemitismus‹ der Delegitimierung. Das Onlineprojekt »Index of Suppression« hat diese Fälle dokumentiert.

Auch international ist Solidarität mit Palästina riskant: Die US-Organisation Palestine Legal listet Hunderte Fälle von Repression am Arbeitsplatz, darunter Kündigungen von Journalisten der New York Times. Medienkonzerne wie Hearst führten verpflichtende Social-Media-Genehmigungen ein. Beschäftigte im Techsektor protestierten gegen Project Nimbus, den Cloud-Vertrag von Amazon und Google zur militärischen Überwachung im Gazastreifen. Trotz Hausdurchsuchungen, Materialbeschlagnahmen und Sicherheitsdruck hielten sie durch; mindestens 50 Google-Beschäftigte wurden entlassen, andere verwarnt. Bei Meta verlor ein palästinensisch-amerikanischer Ingenieur seinen Job. Auch Microsoft ging gegen Proteste vor und zog laut Bloomberg das FBI hinzu. Palestine Legal spricht von der schwersten Welle politisch motivierter Repression am Arbeitsplatz seit dem Vietnamkrieg.

All diese Fälle zeigen die enge Verflechtung von Unternehmens- und Staatsinteressen. Konzerne wie Zalando, Microsoft, Meta, Google oder Amazon handeln im Interesse Israels. Kontrolle der Belegschaften dient nicht nur der Imagepflege, sondern der Unterdrückung kritischer Positionen – besonders von Menschen mit arabischem, muslimischem oder palästinensischem Hintergrund. Die Unterstützung globaler Konzerne ermöglicht den Genozid in Gaza. Nicht nur der Fall Zalando zeigt, dass Unternehmen in Deutschland hier eingebunden sind. Und Recht und Gesetze dabei keine Rolle spielen. So hatte der Firmenchef von Renk, Getriebehersteller für israelische Panzer, gegenüber Financial Times erklärt, einen Lieferstopp der BRD durch Umwege über die USA zu umgehen.

Doch nicht alle Aktionen enden mit Repression. Im August 2025 verhinderten Hafenarbeiter in Genua die Verladung eines Waffencontainers nach Israel. Das baskische Unternehmen Sidenor teilte nach Protesten mit, keinen Stahl mehr nach Israel zu verkaufen. An der Goldsmiths University in London erzwangen Studierende und Lehrende ethische Investitionspolitik und Stipendien für palästinensische Studierende. Diese Beispiele zeigen: Kollektiver Druck und Solidarität am Arbeitsplatz können Wirkung entfalten.

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