Parteispenden: Kein Akt der Wohltätigkeit
Von Marc Hieronimus
Die Partei unterscheidet sich von der Blutspende zunächst einmal grammatisch, indem das Bestimmungswort hier direktes, dort indirektes Objekt der Spende ist, man spendet ja nicht die, sondern den Parteien – geschenkt. Vor allem aber ist sie gar keine Spende im Sinne des uneigennützigen Gebens aus Mitleid oder für einen guten Zweck. Parteispender sind Großkapitalisten, und wenn solche etwas geben, dann nicht aus Rührung oder Wohlwollen, sondern aus Berechnung.
Böse Ökonomenzungen behaupten zwar, es gebe überhaupt keine uneigennützige Tat, denn immer erwarten wir entweder eine Gegenleistung oder wir erkaufen uns gute Gefühle. Das mag sogar stimmen. Warum hilft der Mann der Frau beim sonntäglichen Umzug in den fünften Stock? Aus dem anrüchigen Kalkül auf eine Gegenleistung, die über einen dankbaren Handschlag oder ein leckeres Essen hinausgeht? Oder einfach, weil er sich dann männlich fühlt und nebenbei den Gang in die Muckibude spart? Jedenfalls macht es doch immer noch einen gehörigen Unterschied, ob er nun hilft oder nicht.
Die Parteispende ist aber keine Hilfe. Gespendet wird Parteien, die an der Macht sind oder Aussicht darauf haben, sie zu erlangen, und es geht nicht um wohlige Schauer der Mitmenschlichkeit, sondern um Beeinflussung zukünftiger Entscheidungen. Parteien sind weniger mit Bedürftigen oder Opfern als mit Richtern, Lehrerinnen oder den Ordnungshütern im Streifenwagen zu vergleichen. Besser, man folgt bei einer Verkehrskontrolle nicht dem Impuls, eine kleine Polizeispende anzuregen.
Weil nun unsere Hirne so ticken, wie sie das eben tun, verbinden wir mit Parteispenden Wohltätigkeit, ganz wie ja auch Arbeit geben seliger ist als Arbeit nehmen, das steht schließlich so ähnlich in der Bibel (Apg. 20:35). Und wir glauben, eine Affäre sei allenfalls, wenn die guten Gaben nicht richtig verbucht werden. Ganz anders verhält es sich natürlich, wenn der Geldgeber aus einem Konkurrenzland kommt. Dann kann auch einfache Lohnarbeit Verrat und Bestechlichkeit bedeuten.
75 für 75
Mit der Tageszeitung junge Welt täglich bestens mit marxistisch orientierter Lektüre ausgerüstet – für die Liegewiese im Stadtbad oder den Besuch im Eiscafé um die Ecke. Unser sommerliches Angebot für Sie: 75 Ausgaben der Tageszeitung junge Welt für 75 Euro.
links & bündig gegen rechte Bünde
Jetzt den kostenlosen jW-Newsletter abonnieren – täglich das Beste aus der Tageszeitung junge Welt, direkt in Ihr Postfach. Ihre E-Mail-Adresse wird natürlich niemals an Dritte weitergegeben.
Mehr aus: Feuilleton
-
Geopolitischer Blick
vom 04.09.2025 -
Vorschlag
vom 04.09.2025 -
Das Wie des Schreibens
vom 04.09.2025 -
Chlorbrille ab
vom 04.09.2025 -
Das Herz der Erde
vom 04.09.2025