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Aus: Ausgabe vom 01.09.2025, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Trumps Migrationsagenda

Riesengeschäft mit Abschiebeflügen

Privatfirmen verdienen an Antimigrationspolitik der USA
Von Lars Pieck
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Protest gegen Profiteure von Abschiebeflügen in Burbank/Kalifornien am 27. Juli

Eine Million Abschiebungen pro Jahr, dieses Ziel verfolgt die US-Regierung unter Donald Trump. Und das wird teuer: Das Anfang Juli in Kraft getretene Steuergesetz »Big, Beautiful Bill« sieht den Einsatz von Staatsmitteln von etwa 170 Milliarden US-Dollar (gut 145 Milliarden Euro) für Migrationsbekämpfung und Grenzschutz vor. Darin enthalten sind zusätzliche 75 Milliarden für die Zollbehörde ICE, was sie zur mit Abstand bestfinanzierten Strafverfolgungsbehörde der USA macht. Für die massenhaften Abschiebungen soll nicht nur die Anzahl der ICE-Beamten auf 10.000 erhöht werden, der Behörde wurde auch eine Quote von 3.000 Verhaftungen pro Tag vorgegeben.

Den Transport besorgt ein Netzwerk von Fluggesellschaften, die deutlich von der Abschiebepolitik profitieren. Kern ist das Unternehmen CSI Aviation, das private Charterflüge für die US-Regierung vermittelt. Dessen Chef, Allen Weh, ist ein Unterstützer von Donald Trump und ehemaliger Vorsitzender der Republikanischen Partei im US-Bundesstaat New Mexico. Wie die Nachrichtenagentur AP am Mittwoch mitteilte, profitieren von den Aufträgen vor allem private Charterfluggesellschaften wie Global X, Eastern Air Express und die Billigfluglinie Avelo, die zusammen rund 80 Prozent der Abschiebeflüge durchführen.

Unter Präsident Barack Obama hatte die US-Regierung im Jahr 2010 begonnen, die Abschiebeflüge privaten Fluggesellschaften zu übergeben. Zuvor waren Migranten noch durch den dem Justizministerium unterstellten US-Marshals Service befördert worden. 2024 ging der Auftrag in Höhe von 3,6 Milliarden Euro dann an die Firma von Trumps Parteifreund Weh, der sich einen Fünfjahresvertrag sicherte. Der Charteranbieter Classic Air hatte die Ausschreibung zwischenzeitlich mit einer Klage gegen den Anbieter CSI unterbrochen, weil der die Kosten um 500 Millionen US-Dollar überschritten habe. CSI arbeitet nun mit einem vorläufigen Auftrag. Der brachte bislang schon 319 Millionen US-Dollar ein.

Doch auch die Airlines machen Kasse. Avelo, ehemals Casino Express, übernimmt immer mehr Abschiebeflüge, um sein kriselndes Geschäft zu stabilisieren. Die Financial Times (FT) zitierte aus einem firmeninternen Memo, wonach die Abschiebeflüge für Avelo »zu wertvoll seien, um sie abzulehnen«. Die im Jahr 2021 gegründete Firma erzielte in den ersten vier Jahren keine Profite und konnte sich erst durch die Kooperation mit ICE finanziell stabilisieren. Für den überwiegenden Teil der Flüge zeichnet jedoch die Fluggesellschaft Global X verantwortlich. Die übernahm nach 2019 Regierungsaufträge. Die Abschiebeflüge machen inzwischen beinahe 60 Prozent ihres Geschäfts aus.

Der Großteil derartiger Flüge findet im Inland statt. Wie die FT am Mittwoch berichtete, wurde die Hälfte der abzuschiebenden Migranten mindestens zweimal zwischen verschiedenen Internierungslagern bewegt. Zwischen Januar und Juli kam es zu über 100.000 Transfers über eine Distanz von über 400 Kilometern. Das erschwert es, Inhaftierte zu finden.

Mittlerweile versuchen die Airlines ihre Flugdaten mit falschen Rufzeichen zu verschleiern oder blockieren Registrierungsnummern. Doch laut Messungen eines ehemaligen J. P. Morgan-Managers konnten der ICE seit Beginn von Trumps zweiter Amtszeit bis Ende Juli 5.962 derartige Flüge nachgewiesen werden. Die Dunkelziffer liegt AP zufolge aber womöglich höher, da die Flugaufzeichnungen in kleineren Flughäfen der USA lückenhaft sind. Ein Flugbegleiter berichtete demnach, dass die Zollbehörde ICE die Übersicht über die Menge an Häftlinge verliere. Täglich würden falsche Passagierlisten ausgefüllt.

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