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Aus: Ausgabe vom 01.09.2025, Seite 5 / Inland
Langfristiger Abwärtstrend

BRD-Kernbranche in Abwärtsspirale

Studie: Deutsche Autozulieferer verlieren Marktanteile
Von Dieter Schubert
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Getriebefertigung im ZF-Friedrichshafen. Der Konzern plant massiven Stellenabbau

Deutsche Autozulieferer haben in den vergangenen zehn Jahren international Marktanteile verloren. Vor allem an den Hauptkonkurrenten China. Im Jahr 2024 belief sich der Weltmarktanteil der deutschen Zulieferbranche nach Berechnungen der Unternehmensberatung Strategy& auf 23 Prozent, drei Prozentpunkte weniger als zehn Jahre zuvor. Chinesische Unternehmen dagegen – die vor 20 Jahren noch kaum eine Rolle auf dem Weltmarkt spielten – haben ihren Anteil im gleichen Zeitraum von fünf auf zwölf Prozent erhöht, wie die Nachrichtenagentur dpa am Wochenende berichtete. Strategy& gehört dem globalen Prüf- und Beratungsmulti PwC (Pricewaterhouse Coopers).

Die Zulieferer sind für die Konkurrenzfähigkeit der Automobilindustrie von großer Bedeutung, da sie keineswegs nur Teile herstellen, sondern maßgeblich an Neuerungen und Innovationen beteiligt sind, hieß es. Zurückzuführen seien die Verluste der deutschen Zulieferer laut Studie vor allem auf die Absatzeinbußen der europäischen Hersteller, die die wichtigsten Kunden sind.

Deutschlands Autohersteller haben vor allem in China an Boden verloren, auch die dortigen Hersteller beziehen ihre Teile überwiegend von chinesischen Zulieferern. Die weltweiten Umsätze der zehn größten Autokonzerne stagnierten demnach im vergangenen Jahr, die Zulieferer legten der Analyse zufolge ganz leicht von 1,14 auf 1,15 Billionen Euro zu. Doch davon profitierten vor allem chinesische Firmen.

Eine Ursache der Entwicklung ist nach Einschätzung der Berater, dass chinesische Unternehmen neue Produkte sehr viel schneller entwickeln und auf den Markt bringen als deutsche. In Schlüsseltechnologien wie Batterie und Software haben sich die dortigen Hersteller laut Studie nicht nur einen Technologievorsprung erarbeitet, sondern bieten ihren Kunden auch erhebliche Preisvorteile.

Doch sehen die Autoren der Studie nicht schwarz: Sie verweisen darauf, dass die deutsche Autoindustrie schon in den 1990er Jahren eine schwere Krise überwunden hat (allerdings waren damals die Stromkosten erheblich niedriger, jW). Was die Empfehlungen der Studienautoren betrifft, dürften die Meinungen in der schwächelnden Branche gewiss auseinandergehen. So empfiehlt die Studie den heimischen Unternehmen neben einer Beschleunigung von Entwicklung und Produktion auch ein grundsätzliches Umdenken: Nicht mehr wie gewohnt den Schwerpunkt auf die immer weitere Verbesserung bestehender Produkte zu setzen, sondern neue Technologiefelder zu erschließen. »Der Druck ist hoch«, zitierte dpa Henning Rennert, einen der Autoren. »Aber die Branche hat in der Vergangenheit bewiesen, dass sie Krisen nicht nur bewältigen, sondern an ihnen wachsen kann.«

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