Schlechte und gute Nachrichten
Von Wolfgang Pomrehn
Die schlechten Nachrichten über Klimakrise und Klimapolitik häufen sich derzeit in einem Maße, dass viele ohnmächtig die Schultern zucken. Geröllawinen in der Schweiz, schon wieder dramatische Waldbrände in Kanada, extreme Temperaturen in Spanien, mehr als 200 Tote infolge der stärksten Überschwemmungen seit 60 Jahren in der westnigerianischen Stadt Mokwa, über 30 Tote durch Erdrutsche und über die Ufer tretende Flüsse im Nordosten Indiens und ähnlich katastrophale Niederschläge in der südchinesischen Provinz Yunnan – alles innerhalb einer Woche. Derweil wird hierzulande bekannt, dass die Lobby der »fossilen« Industrien die nachlassende Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit nutzt, die ohnehin unzureichenden Klimaschutzziele in Frage zu stellen.
Der Verband der Automobilindustrie macht Druck, die für 2035 angestrebten Flottengrenzwerte für Treibhausgasemissionen aufzuweichen, und auch SPD und Union wollen die Anstrengungen zur Minderung der Treibhausgase etwas herunterschrauben. In ihrem Koalitionsvertrag haben sie sich darauf geeinigt, dass ein Teil der Emissionsminderungen nur auf dem Papier stehen wird, weil sie rechnerisch über Kompensationsmaßnahmen in Entwicklungsländern erreicht werden sollen. Ähnliches hatte der EU-Klimakommissar und ehemalige Shell-Manager Wopke Hoekstra angeregt, der in die Koalitionsverhandlungen eingegriffen haben soll. Ähnliches will Hoekstra auch in der EU durchsetzen.
Doch nicht alle Nachrichten rund um Klima und Energiewende sind schlecht. In China schreitet der Ausbau der Nutzung von Solar- und Windenergie mit Riesenschritten voran, und einiges deutet darauf hin, dass das Land den Höhepunkt seiner Treibhausgasemissionen erreicht haben könnte, was mal wieder eine Planübererfüllung wäre. Nach einer Analyse der Plattform Carbon Brief gingen die chinesischen Emissionen im ersten Quartal um 1,6 Prozent zurück. Von April 2024 bis März 2025 haben die Emissionen demnach um ein Prozent abgenommen, obwohl zugleich die Nachfrage nach elektrischer Energie weiter stark angestiegen ist. In China hat inzwischen fast jedes zweite verkaufte Auto einen Elektromotor. Es werden zwar weiter neue Kohlekraftwerke gebaut, aber die sind offensichtlich immer schlechter ausgelastet, wie der Rückgang der Emissionen der Energiewirtschaft um zwei Prozent in den genannten zwölf Monaten zeigt.
Verantwortlich ist dafür der anhaltend starke Ausbau der Energiegewinnung aus erneuerbaren Ressourcen, die inzwischen 18 Prozent zur chinesischen Stromversorgung beitragen. Allein im ersten Quartal 2015 wurden 75 Gigawatt neue Erzeugungskapazitäten von Windkraft- und vor allem Solaranlagen ans chinesische Netz angeschlossen – das ist etwas mehr, als in ganz Deutschland in den vergangenen 25 Jahren an Windkraftanlagen errichtet wurde. Besonders rasant entwickelt sich der Ausbau der Solarenergienutzung. Jährlich kommen inzwischen rund 30mal so viele Anlagen hinzu wie in Deutschland.
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Leserbrief von Onlineabonnent/in Heinrich H. aus Stadum (6. Juni 2025 um 20:50 Uhr)Die Chinesen vergrößern nicht nur die Erzeugungskapazitäten für elektrische Energie, sie installieren auch massiv Speicherkapazität. Hier ein Zitat aus einer unverdächtigen Quelle: »China beschafft Speicher für größte Batterie der Welt. In China entsteht der wohl größte Batteriespeicher der Welt als Netzpuffer. Die Ausschreibung umfasst neben den Batterien auch Solarmodule für 51 GW. (…) Und das riesige Reich hat dabei ein klares Ziel: Bis 2060 soll das Land kohlenstoffneutral werden. Ein wichtiger Baustein auf diesem Weg ist die Energieversorgung, um die sich unter anderem die mächtige Power Construction Corporation of China (kurz: Power China) kümmert. Die hat jetzt die größte Ausschreibung in der Geschichte der Energiewirtschaft geschlossen. Es geht um Photovoltaik-Anlagen, Wechselrichter, Windkraftanlagen und Batteriespeicher im zweistelligen Gigawatt-Bereich.« (https://www.auto-motor-und-sport.de/verkehr/china-groesster-batteriespeicher-der-welt/). Die derzeitige Lebensabschnittspartnerin des Herrn Karl-Theodor zu Guttenberg will in Konkurrenz zwanzig Gigawatt Gaskraftwerke bauen. Sie allein?
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