Trumps Angriff auf die Notenbank
Von Lucas Zeise
Es war der Londoner Financial Times am Freitag die Spitzenschlagzeile wert, dass Lisa Cook sich vor Gericht gegen ihre Entlassung durch US-Präsident Donald Trump zur Wehr setzen würde. Cook ist eine von sieben Mitgliedern des Vorstands der US-Zentralbank. Sie war noch von Trumps Vorgänger Joe Biden nominiert und vom US-Senat für eine Amtszeit bis 2038 bestätigt worden. Die Chancen, dass Cook sich vor Gericht gegen die Entlassung durch Trump behaupten kann, stehen nicht schlecht. Erst im Mai dieses Jahres hatte das bereits von Trump-Freunden dominierte oberste Gericht in einem anderen Entlassungsfall ausdrücklich festgestellt, dass »die Federal Reserve (Zentralbank) eine besondere, quasiprivate Institution in der Tradition erst- und zweitklassiger Banken sei«. Soll heißen: Anders als sonstige Staatsdiener könne die Regierung Zentralbankgouverneure nicht einfach feuern.
Trump hat seit Beginn seiner zweiten Amtszeit deutlich gemacht, dass ihm die Geldpolitik der Notenbank Fed nicht passt. Er beschimpft öffentlich immer wieder ihren Vorsitzenden Jerome Powell (den Trump selbst vor sechs Jahren ernannt hat und der im Frühjahr nächsten Jahres ohnehin ausscheidet) wegen zu hoher Leitzinsen (aktuell 4,25 bis 4,5 Prozent). Powell und sein Zentralbankrat einschließlich Lisa Cook haben sich bisher in diesem Jahr geweigert, die Zinsen zu senken. Powell hat aber vor zwei Wochen auf der Fachtagung der Banker und Notenbanker in Jackson Hole angedeutet, dass im September bei der nächsten regulären Sitzung die ersehnte Zinssenkung erfolgen könnte.
Lisa Cooks Entlassung hat nicht nur unter den oppositionellen Demokraten, sondern auch an der Wall Street Empörung ausgelöst. Janet Yellen, die Vorgängerin Powells als Notenbankchefin und anschließend Finanzministerin in den vier Jahren der Biden-Präsidentschaft, wählte drastische Worte. Sie wertete den Rauswurf als einen Versuch der »Einschüchterung« und als Angriff auf die Unabhängigkeit der Notenbank. Beides trifft sicher zu. Die Unabhängigkeit der Notenbank erscheint in der neoliberalen Ideologie der Herrschaft freier Finanzmärkte als hohes Gut. Ohne sie sei das Vertrauen in die Stabilität der Währung und die Kontrolle über die Staatsausgaben gefährdet. Yellen selber argumentiert damit, dass Trumps Attacke die führende Position des US-Dollars als Weltwährung und die überragende Position der US-Staatschulden an den Finanzmärkten gefährden könne. Tatsächlich gab am vergangenen Montag, als Trump Lisa Cooks »Entlassung« bekanntgab, der US-Dollar am Devisenmarkt leicht nach, und die Kurse lang laufender US-Staatsanleihen verloren etwas an Wert, was ihre Rendite entsprechend erhöhte. Keine wirkliche Unruhe an den Finanzmärkten also.
Trumps Angriff auf die Unabhängigkeit der Zentralbank ist von rechts vorgetragen. Hier geht es nicht darum, eine Wirtschaftspolitik im Interesse der großen Mehrheit gegen rigorose Stabilitätspolitik der Notenbank und des Finanzsektors durchzusetzen. Vielmehr streben die Trump-Freunde eine Reprivatisierung der Notenbank an. Eine Rückkehr ins goldene Zeitalter des Imperialismus, als die großartigen, noch jungen Monopole »Amerika« zur größten Wirtschaftsmacht des Globus gemacht hatten.
Unser Autor ist Finanzjournalist und Publizist. Er lebt in Aachen
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