Taco und die Zinsen
Von Lucas Zeise
Taco« ist die gängige Parole am US-Aktienmarkt. Das mexikanisch klingende Kürzel steht für »Trump always chickens out« (deutsch etwa: Trump kneift immer). Es ist positiv gemeint und heißt, dass US-Präsident Donald Trump seine Drohungen und Dummheiten schnell wieder zurücknimmt, wenn der Finanzmarkt Unmut signalisiert und Aktien und US-Dollar fallen, sowie die Anleiherenditen steigen. Das mittlerweile klassische Beispiel war Trumps »Liberation Day« am 2. April, als er mit großer Geste praktisch jedem Territorium auf dem Globus saftige »Straf«-Zölle auferlegte – und sie eine Woche später angesichts der Reaktion des Finanzmarkts großenteils wieder zurücknahm. In jene Aprilwoche fällt das diesjährige Tief der US-Aktienindizes. Sie haben sich mittlerweile wieder deutlich erholt. Die Indizes am Nasdaq, wo die Börsenriesen Alphabet, Amazon, Apple, Meta, Microsoft und Nvidia gehandelt werden, haben sich nicht nur vom Rückschlag erholt, sondern neue Rekordhöhen erklommen.
Sogar der US-Dollar war jüngst wieder etwas gestiegen. Da irritierte ein glaubhafter Bericht des Fernsehsenders CBS, Trump werde den Notenbankpräsidenten Jerome Powell demnächst entlassen. Da der US-Dollar und die Kurse der Staatsanleihen sofort nachgaben, kam das Dementi des Weißen Hauses schnell, und alles war fast wieder so wie zuvor. Ernster zu nehmen ist, dass die jährliche Preissteigerungsrate im Juni mit 2,7 Prozent höher als erwartet und als im Vormonat (2,4 Prozent) ausfiel. Wahrscheinlich sind das die ersten Auswirkungen der von Trump im April als Ersatz angeordneten generellen Importzölle von zehn Prozent. Die Notenbanker der Fed hatten bei ihrer Sitzung im Juni bewusst abwarten wollen, wie die US-Zölle sich auf die Preise auswirken würden. Wahrscheinlich ist, dass eine einmalige Importzollerhöhung auch nur einen einmaligen Schub bei den Verbraucherpreisen auslöst. Die Notenbank hatte 2024 in vier kleinen Schritten bei insgesamt sinkender Inflationsrate den Leitzins um einen Punkt gesenkt und ihn seit Dezember vorigen Jahres (also ungefähr seit Trumps Amtsantritt) bei relativ hohen 4,25 bis 4,5 Prozent gelassen. Dass dieses Zinsniveau für die aktuelle konjunkturelle Lage eigentlich zu hoch ist, kann man zum Beispiel der im ersten Quartal auf minus 0,3 Prozent geschrumpften Wachstumsrate des Bruttoinlandsprodukts entnehmen. Ausnahmsweise hat der sonderbare US-Präsident tendenziell recht mit seiner Forderung, der Leitzins müsse eigentlich drei Prozentpunkte niedriger sein. Auch die Mehrheit der Notenbanker im Entscheidungsgremium geht daher auch von mindestens zwei Zinssenkungen noch in diesem Jahr aus.
Die nächste reguläre Zinssitzung der Notenbank findet Ende dieses Monats statt. Ohne Trumps Zölle und vor allem ohne die Drohung zusätzlicher Zölle hätte eine Senkung der Notenbankzinsen längst stattgefunden. Die Drohung, Powell zu entlassen, macht es den Notenbankern noch schwerer, die längst fällige nächste Zinssenkung tatsächlich vorzunehmen.
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