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Aus: Ausgabe vom 15.08.2025, Seite 6 / Ausland
Neukaledonien

»Nein« zur falschen Unabhängigkeit

Neukaledonien: Befreiungsfront stimmt gegen Vereinbarung mit Paris. Innenminister hält an Plan fest
Von Bernard Schmid, Paris
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Präsident Macron wurde bei seinem Besuch in Neukaledonien mit Protesten empfangen (Nouméa, 23.5.2024)

Seit Mittwoch ist es offiziell: Wie der Generalsekretär der »Sozialistischen und kanakischen nationalen Befreiungsfront« (FLNKS), Dominique Fochi, auf einer Pressekonferenz in Nouméa erläuterte, lehnt die Unabhängigkeitsbewegung Neukaledoniens das Abkommen ab, das am 12. Juli in Bougival bei Paris unterzeichnet worden war. Es wurde zwischen einzelnen FLNKS-Vertetern, Repräsentanten der für eine Verlängerung der französischen Vorherrschaft über Neukaledonien eintretenden »Loyalisten« sowie dem französischen Zentralstaat geschlossen.

Der Vertrag stellte einen Formelkompromiss dar. Der Text sollte den nach Selbstbestimmung strebenden Bevölkerungsteilen auf dem Archipel – die mehrheitlich, aber nicht ausschließlich der altansässigen melanesischen Bevölkerung der Kanaken (übersetzt: Menschen) angehören – einige symbolische Attribute der Souveränität zusichern – aber eben keine wirklichen Souveränitätsrechte. Insbesondere »Verteidigung« und Polizei sollten in französischer Regierungshand verbleiben.

Die FLNKS hatte ihre Ablehnung auf einer Tagung am vorigen Sonnabend beschlossen, nachdem die Teilnehmer zu der Überzeugung gekommen waren, dass die ab dem 2. Juli in Paris und dann in Bougival am Tisch sitzenden fünf FLNKS-Vertreter über den Tisch gezogen wurden. Statt den im Abkommen vorgezeichneten Weg weiterzuverfolgen und es bis Anfang 2026 der Stimmbevölkerung zur Annahme vorzulegen – nachdem vom französischen »Überseeminister« Manuel Valls eingesetzte Arbeitsgruppen die Modalitäten zur Umsetzung des Kompromisses festgelegt haben würden –, sollen jetzt die ursprünglich für Mai oder Juni 2026 geplanten Wahlen zu den Provinzparlamenten der Inselgruppe auf November vorgezogen werden, damit die politischen Kräfte des Archipels sich neu aufstellen und ihre Positionen klären können.

Vor allem die Partei Union Calédonienne (UC), der sowohl Fochi als auch der Vorsitzende der Bündnisorganisation FLNKS, Christian Tein, angehören, vertritt diese Linie mit Nachdruck. Zwei andere der insgesamt vier parteiförmig organisierten Komponenten des FLNKS, die »Kanakische Befreiungspartei« (Palika) sowie die »Progressive Union in Melanesien« (UPM), boykottierten hingegen das Treffen am Sonnabend. Diese beiden Mitgliedsparteien haben bereits seit September ihre Aktivitäten im Rahmen der Frontorganisation suspendiert.

Damals opponierten sie gegen die Wahl Teins zum FLNKS-Vorsitzenden – der 57jährige befand sich zu dem Zeitpunkt im Elsass in Untersuchungshaft aufgrund seiner angeblichen Rolle vor den Unruhen vom Mai 2024 auf der Inselgruppe. Er kam im Mai 2025 frei, darf sich jedoch, da die Staatsanwaltschaft in Berufung ging, nicht nach Neukaledonien begeben.

Minister Valls will nun in der kommenden Woche auf die Inselgruppe reisen und Gespräche mit den unterschiedlichen politischen Kräften führen. Ihm zufolge sollen die Arbeitsgruppen zur Abfassung der genaueren Richtlinien infolge der »Bougival-Vereinbarung« wie geplant eingesetzt werden. Die französische Staatsmacht dürfte vor allem hoffen, dass sich das Unabhängigkeitslager in zwei Hälften aufspaltet.

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