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Aus: Ausgabe vom 15.08.2025, Seite 7 / Ausland
DR Kongo

Rohstoffdiebe mit US-Segen

DR Kongo: »M 23« attackiert Armee. Washington sanktioniert letztere und will Rohstoffe
Von Christian Selz, Kapstadt
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Proxy: Rebellen der »M 23« im Osten der Demokratischen Republik Kongo (24.3.2025)

In der Demokratischen Republik Kongo (DR Kongo) sind die Kämpfe zwischen Regierungstruppen und der vom Nachbarland Ruanda gesteuerten Miliz »M 23« erneut aufgeflammt. Vor allem aus der Ortschaft Mulamba, 80 Kilometer südwestlich der Provinzhauptstadt Bukavu gelegen, meldete die Nachrichtenagentur AFP am Dienstag schwere Kämpfe. Demnach würden beide Seiten seit Freitag auch Artillerie einsetzen.

Der kongolesische Armeesprecher Sylvain Ekenge sprach am Dienstag von »nahezu täglichen« Attacken, die eine »absichtliche und offensichtliche Verletzung« des vor weniger als einem Monat unter Vermittlung Katars und der USA vereinbarten Waffenstillstandsabkommens bedeuteten. Bereits am Montag hatte »M 23«-Sprecher Lawrence Kanyuka der kongolesischen Armee vorgeworfen, »offensive Militärmanöver mit der Absicht eines ausgeweiteten Konflikts« durchzuführen.

Die gegenseitigen Anschuldigungen legen eine Schwachstelle in der Waffenstillstandsvereinbarung offen, die sich bereits kurz nach deren Unterzeichnung am 19. Juli andeutete. Denn in dem Abkommen wurde die Wiederherstellung der territorialen Integrität der DR Kongo vereinbart, was für die Regierung in Kinshasa einen Abzug der ruandischen Proxy-Miliz »M 23« bedeutet. Deren Verhandlungsführer, Benjamin Mbonimpa, hatte jedoch entsprechende Verlautbarungen der kongolesischen Seite umgehend dahingehend beantwortet, dass ein solcher Truppenrückzug der Milizionäre nicht Teil der Vereinbarung sei.

Die neuerliche Intensivierung der ohnehin nie vollständig gestoppten Kämpfe im Osten der DR Kongo deuten das Scheitern des Friedensprozesses an, zumal keine Seite in Katar vertreten ist, wo bis vom 8. bis zum 18. August ein permanenter Frieden verhandelt werden sollte. Vergangenen Woche behauptete »M 23«-Anführer Bertrand Bisimwa, er sei nicht eingeladen worden. Am Mittwoch hat Reuters berichtet, dass die »M 23«-Delegation nicht in die katarische Hauptstadt Doha reisen werden, »ehe Kinshasa anfängt, das Abkommen zu respektieren«, indem es Gefangene freilasse.

Die Folgen des fortgesetzten Kriegs für die lokale Bevölkerung hatte UN-Menschenrechtskommissar Volker Türk bereits vergangene Woche skizziert. Seinem Bericht vom 6. August zufolge haben »M 23«-Kämpfer im Osten der DR Kongo allein im Juli 319 Zivilisten getötet und damit für »eine der höchsten dokumentierten Todeszahlen bei solchen Attacken« seit Wiederbeginn der »M 23«-Offensive im Jahr 2022 gesorgt.

Die USA, auf deren Initiative die Waffenstillstandsverhandlungen in Katar zurückgegangen waren, offenbarten am Dienstag derweil einmal mehr, welche Interessen sie in der DR Kongo verfolgen. Washington verhängte neue Sanktionen gegen eine mit der kongolesischen Armee verbündete Rebellenmiliz, ein kongolesisches Bergbauunternehmen sowie zwei in Hongkong registrierte Exportfirmen. Der zugrundeliegende Vorwurf: »Illegaler« Handel mit Rohstoffen. Die »M 23«, die seit April vergangenen Jahres unter anderem die Coltanminen nahe der Stadt Rubaya und allein damit mindestens 15 Prozent der globalen Förderung des für Elektronik- und Kriegsgerät benötigten Rohstoffs kontrollieren, wurden von Washington verschont.

Zwar werfen die Vereinten Nationen der Miliz vor, das Erz nach Ruanda zu schmuggeln. Dessen Regierung ist aber ein Verbündeter Washingtons und hat sich jüngst bereit erklärt, aus den USA deportierte Menschen aus Drittstaaten aufzunehmen. Als ob es noch einer Klarstellung bedurfte, nach welchen Kriterien Washington in diesem Konflikt Gut und Böse trennt, teilte John Hurley, Abteilungsleiter im US-Finanzministerium für Terrorismus und Finanzermittlungen, am Dienstag zu den neuen Sanktionen mit: »Das Finanzministerium wird nicht zögern, gegen Gruppen vorzugehen, die den USA und unseren Verbündeten den Zugang zu Rohstoffen verwehren, die für unsere nationale Verteidigung wichtig sind.« Die »M 23« scheint diesen Freibrief verstanden zu haben.

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