Aktivistin in Caracas verhaftet
Von Frederic Schnatterer
Die Vorwürfe sind schwerwiegend: Am Freitag ist die kolumbianisch-venezolanische Aktivistin Martha Lía Grajales in Caracas verhaftet worden, nachdem sie an einer Demonstration in Solidarität mit politischen Gefangenen teilgenommen hatte. Erst am Montag nachmittag machte die venezolanische Generalstaatsanwaltschaft dies öffentlich. Noch einen Tag später wurde dann bestätigt, dass die 45jährige im nördlichen Zentrum von Caracas festgehalten wird.
Die Generalstaatsanwaltschaft wirft der Menschenrechtsanwältin, die seit 15 Jahren in linkschavistischen Organisationen aktiv ist, vor, zum Hass angestiftet, sich mit einer ausländischen Regierung verschworen und zu kriminellen Zwecken vereinigt zu haben. Weiter heißt es in einer entsprechenden Erklärung, »die Bürgerin Grajales« sei im vom Gesetz vorgesehenen Zeitraum festgenommen und der Staatsanwaltschaft vorgeführt worden, nachdem die Verhaftung »wegen Straftaten gegen venezolanische Institutionen und den Frieden der Republik« beantragt worden sei. »Das Innenministerium als Garant für Gerechtigkeit und Menschenrechte wird dafür Sorge tragen, dass die in der Verfassung festgeschriebenen Grundsätze in dem Prozess eingehalten werden.«
Generalstaatsanwalt Tarek William Saab erklärte weiter, Grajales sei schon vor Monaten von der Polizei vorgeladen worden – das bezeichnet die Nichtregierungsorganisation Surgentes als Lüge. Medien wie El Universal, die der Regierung von Präsident Nicolás Maduro nahestehen, berichteten, die Festgenommene sei Teil der von der rechten Oppositionsführerin María Corina Machado koordinierten Destabilisierungsmaßnahmen gewesen. Ihren Aktivismus unter anderem bei Surgentes habe sie nur zur »Tarnung« genutzt. Dieses Manöver hätten die venezolanischen Behörden jetzt »entlarvt«.
Daran, dass Grajales mit einem fairen Prozess rechnen kann, haben Menschenrechtsgruppen und linke Parteien in Venezuela sowie internationale Beobachter ihre Zweifel. In einer Mitteilung auf seiner Homepage warf das Kollektiv Surgentes der venezolanischen Staatsanwaltschaft vor, deren Vorwürfe gegen die Aktivistin basierten einzig auf der Tatsache, dass diese an politischen Demonstrationen teilgenommen habe. Zudem sei Grajales verweigert worden, Rechtsmittel gegen die Inhaftierung einzulegen. Auch ein Verteidiger ihrer Wahl sei ihr nicht zugestanden worden. Ihre Verhaftung sei »illegal und willkürlich«, die Anklage gegen sie politisch motiviert, so das Menschenrechtskollektiv.
Auch der Teil der Kommunistischen Partei Venezuelas (PCV), den die Regierung nicht anerkennt, forderte die Freilassung von Grajales. In einer Erklärung des Politbüros des ZK der Partei, die auf Dienstag datiert ist, wird der Fall als »Beweis für den Staatsterror« bezeichnet, mit dem die Maduro-Regierung versuche, »den legitimen Forderungen der venezolanischen Volksbewegung den Wind aus den Segeln zu nehmen«. Bereits einen Tag nach der Festnahme der Aktivistin hatte die PCV ein Ende von »Verfolgung und Repression gegen diejenigen, die Menschenrechte verteidigen und für soziale Gerechtigkeit kämpfen«, gefordert.
Am Montag verlangte auch der Hochkommissar für Menschenrechte bei den Vereinten Nationen, Volker Türk, die sofortige Freilassung der Aktivistin. Zudem sollten Grajales’ Familienangehörigen und ihrem Anwalt alle relevanten Informationen zugänglich gemacht werden. Abgeordnete des kolumbianischen Bündnisses Pacto Histórico, dem Präsident Gustavo Petro angehört, kritisierten das Vorgehen der venezolanischen Behörden ebenfalls. Auch die argentinischen Madres de Plaza de Mayo sowie das Centro de Estudios Legales y Sociales (CELS) forderten die sofortige Freilassung.
Grajales ist seit vielen Jahren in der venezolanischen Linken aktiv. Unter dem 2013 verstorbenen Expräsidenten Hugo Chávez beteiligte sie sich an mehreren Initiativen zur Reformierung der Polizei. Später engagierte sie sich mehr und mehr in Basisorganisationen, darunter in einem Kollektiv im Arbeiterviertel La Vega in Caracas, das sich gegen polizeiliche Repression in den sozial benachteiligten Barrios einsetzt.
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