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Aus: Ausgabe vom 14.08.2025, Seite 1 / Ausland
Gipfeltreffen wegen Ukraine-Krieg

Videoschalte mit Selenskij aus Berlin

Russland gewinnt an Boden in der Ukraine. Europäische Verbündete telefonieren mit Trump
Von Niki Uhlmann
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Besetzt: Ein Soldat hisst nahe Jabluniwka eine russische Flagge (12.8.2025)

In den vergangenen Tagen sollen die russischen Streitkräfte in der Ukraine den größten Geländegewinn seit mehr als einem Jahr erzielt haben, teilte AFP am Mittwoch mit. Darum habe der Gouverneur der Region Donezk, Wadim Filaschkin, am Mittwoch die Evakuierung mehrerer Dörfer nahe der Frontlinie angeordnet. Das Verteidigungsministerium in Moskau jubelte: »Suworowo und Nikanoriwka wurden befreit.« Andrij Kowaljow, Sprecher des Generalstabs der ukrainischen Streitkräfte, sprach hingegen gegenüber Ukrinform von »schweren Abwehrkämpfen gegen überlegene feindliche Kräfte«.

Kiew dürfte folglich in heller Aufregung sein, zumal US-Präsident Donald Trump mit Blick auf das Gipfeltreffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin am Freitag Gebietsabtretungen im Rahmen von Friedensverhandlungen vorhergesehen hat. Der Präsident der Ukraine, Wolodimir Selenskij, der an diesem Sondierungstreffen ebensowenig beteiligt sein wird wie seine europäischen Verbündeten, reiste am Mittwoch sogar nach Berlin, um an einer Videoschalte im Beisein von Bundeskanzler Friedrich Merz teilzunehmen. Letzterer hatte den Austausch unter den vom Treffen in Alaska ausgeschlossenen Kriegsparteien anberaumt, um nicht restlos ausgebootet zu werden.

Während Trump sich nach Lobesbekundungen, die europäischen Staats- und Regierungschefs seien »großartige Menschen, die einen Deal wollen«, der Videokonferenz zuschaltete, hieß es laut AFP aus Moskau grob, man halte die »von den Europäern angestrebten Beratungen für politisch und praktisch unbedeutend«. Erste Ergebnisse meldete Reuters kurz vor Redaktionsschluss. Zunächst müsse, so Merz, ein Waffenstillstand vereinbart, dann mit der Ukraine verhandelt und ihr dabei eine Sicherheitsgarantie gemacht werden, wobei eine rechtliche Anerkennung russischer Besetzungen auszuschließen sei. Emmanuel Macron zufolge habe Trump eingewilligt, territoriale Fragen nur mit der Ukraine zu verhandeln. Selenskij klagte, Putins Wunsch nach einem Kriegsende sei nur ein Bluff, bettelte aber darum, an den Gesprächen beteiligt zu werden.

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  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Ulf G. aus Hannover (14. August 2025 um 11:43 Uhr)
    Die europäische und ukrainische Sorge, »nicht restlos ausgebootet zu werden«, ist nur zu berechtigt, wo es acht Jahre, von 2014 bis 2022, die West-Ukraine und die Europäer waren, die die Umsetzung der in den völkerrechtlich bindenden Minsker Abkommen vorgesehenen direkten Gespräche zwischen der Ost- und der Westukraine verweigerten, um den Waffenstillstand lieber für Aufrüstung zugunsten eines Diktatfriedens zu nutzen. Gedacht hatte man natürlich daran, der russischen Minderheit ihr nicht genehme Bedingungen aufzudrücken. Dass es nun andersherum kommt – nun, da kann man nur sagen: Wer anderen eine Grube gräbt, fällt selbst hinein. Dass ein Waffenstillstand ohne gleichzeitige Lösung der Probleme nur eine Finte ist, das hat Putin inzwischen gelernt. Und man darf sich sicher sein, dass die Lektion sehr gründlich gelernt wurde. Wenn Merz jetzt dennoch fordert, dass ein Waffenstillstand zuerst verwirklicht werden müsse, ist das realitätsfern. Realitätsnäher ist da Lukaschenkos Vorschlag eines auf den Luftkrieg beschränkten Waffenstillstands. Auch Merz’ Vorschlag, für territoriale Verhandlungen die »sogenannte Kontaktlinie« zum Ausgangspunkt zu nehmen, ist unrealistisch, zumindest wenn mit der Kontaktlinie die Linie des Minsker Abkommens gemeint sein sollte. Der europäische Westen wollte acht Jahre lang kein Minsk, jetzt ist es zu spät. Die Missachtung des Völkerrechts durch den Westen, speziell die Missachtung der Minsker Abkommen, muss weh tun. Sonst lernt der Westen nie, dass Völkerrecht auch dann beachtet werden muss, wenn es der eigenen geopolitischen Gier nicht dienlich ist. Und mit zwei Streithähnen getrennt zu verhandeln, ist eine ganz normale Strategie. Und dass man Leute, die ohne tragfähige eigene Lösungskonzepte ständig nur querschießen, (zumindest vorerst) ausschließt, auch das ist normale Verhandlungstaktik. Trump macht da jetzt einiges richtig – und wieder gut. Er ist ja nicht ganz unschuldig am Krieg. Die Nord-Stream-Sanktionen waren seine Idee.
    • Leserbrief von Onlineabonnent/in Thomas S. aus Mainz (14. August 2025 um 13:54 Uhr)
      Herzlichen Dank für diesen sachkundigen Leserbrief! Das Lesen dieser Ausführungen hat mir sehr geholfen, das Wesentliche wieder fest im Blick zu haben.
      • Leserbrief von Fred Buttkewitz aus Ulan - Ude (14. August 2025 um 14:17 Uhr)
        Dem schließe ich mich an. Bisher hatte jeder Leserbrief von Ulf G. Hand und Fuß.
  • Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (13. August 2025 um 21:43 Uhr)
    Der sogenannte »Wertewesten« hat von Beginn an kein klares Ziel definiert, für das die Ukraine in seinem Namen kämpfte. Dieses strategische Vakuum rächt sich nun immer deutlicher. Trump wäscht seine Hände in Unschuld und behauptet dreist, es sei nicht »sein Krieg« – obwohl er als Präsident der USA die Verantwortung trägt. Die eigentlichen Entscheidungen fallen in Alaska, wo weder die Ukraine noch die EU am Tisch sitzen. Das wirkt wie eine Neuauflage der Biden-Putin-Gespräche von 2021 in Genf, bei denen ebenfalls alle direkt betroffenen europäischen Partner ausgeschlossen waren. Die aktuelle Videoschalte aus Berlin ist nichts weiter als politische Selbstbefriedigung von Ukraine und EU – ohne jede reale Einflussmöglichkeit auf den Ausgang des Konflikts.

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