Videoschalte mit Selenskij aus Berlin
Von Niki Uhlmann
In den vergangenen Tagen sollen die russischen Streitkräfte in der Ukraine den größten Geländegewinn seit mehr als einem Jahr erzielt haben, teilte AFP am Mittwoch mit. Darum habe der Gouverneur der Region Donezk, Wadim Filaschkin, am Mittwoch die Evakuierung mehrerer Dörfer nahe der Frontlinie angeordnet. Das Verteidigungsministerium in Moskau jubelte: »Suworowo und Nikanoriwka wurden befreit.« Andrij Kowaljow, Sprecher des Generalstabs der ukrainischen Streitkräfte, sprach hingegen gegenüber Ukrinform von »schweren Abwehrkämpfen gegen überlegene feindliche Kräfte«.
Kiew dürfte folglich in heller Aufregung sein, zumal US-Präsident Donald Trump mit Blick auf das Gipfeltreffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin am Freitag Gebietsabtretungen im Rahmen von Friedensverhandlungen vorhergesehen hat. Der Präsident der Ukraine, Wolodimir Selenskij, der an diesem Sondierungstreffen ebensowenig beteiligt sein wird wie seine europäischen Verbündeten, reiste am Mittwoch sogar nach Berlin, um an einer Videoschalte im Beisein von Bundeskanzler Friedrich Merz teilzunehmen. Letzterer hatte den Austausch unter den vom Treffen in Alaska ausgeschlossenen Kriegsparteien anberaumt, um nicht restlos ausgebootet zu werden.
Während Trump sich nach Lobesbekundungen, die europäischen Staats- und Regierungschefs seien »großartige Menschen, die einen Deal wollen«, der Videokonferenz zuschaltete, hieß es laut AFP aus Moskau grob, man halte die »von den Europäern angestrebten Beratungen für politisch und praktisch unbedeutend«. Erste Ergebnisse meldete Reuters kurz vor Redaktionsschluss. Zunächst müsse, so Merz, ein Waffenstillstand vereinbart, dann mit der Ukraine verhandelt und ihr dabei eine Sicherheitsgarantie gemacht werden, wobei eine rechtliche Anerkennung russischer Besetzungen auszuschließen sei. Emmanuel Macron zufolge habe Trump eingewilligt, territoriale Fragen nur mit der Ukraine zu verhandeln. Selenskij klagte, Putins Wunsch nach einem Kriegsende sei nur ein Bluff, bettelte aber darum, an den Gesprächen beteiligt zu werden.
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Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (13. August 2025 um 21:43 Uhr)Der sogenannte »Wertewesten« hat von Beginn an kein klares Ziel definiert, für das die Ukraine in seinem Namen kämpfte. Dieses strategische Vakuum rächt sich nun immer deutlicher. Trump wäscht seine Hände in Unschuld und behauptet dreist, es sei nicht »sein Krieg« – obwohl er als Präsident der USA die Verantwortung trägt. Die eigentlichen Entscheidungen fallen in Alaska, wo weder die Ukraine noch die EU am Tisch sitzen. Das wirkt wie eine Neuauflage der Biden-Putin-Gespräche von 2021 in Genf, bei denen ebenfalls alle direkt betroffenen europäischen Partner ausgeschlossen waren. Die aktuelle Videoschalte aus Berlin ist nichts weiter als politische Selbstbefriedigung von Ukraine und EU – ohne jede reale Einflussmöglichkeit auf den Ausgang des Konflikts.
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