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Aus: Ausgabe vom 14.08.2025, Seite 6 / Ausland
USA unter Trump

Normaler Ausnahmezustand

Trump erfindet »Verbrechensnotfall«, schickt Nationalgarde nach D.C.
Von Lars Pieck
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Polizeistadt: FBI-Agenten und andere repressionsfreudige Beamte bevölkern Washington, D. C. (12.8.2025)

Nachdem der auch als »Big Balls« bekannte ehemalige DOGE-Mitarbeiter Edward Coristine bei einem versuchten Autodiebstahl Anfang August verletzt worden war, drohte US-Präsident Donald Trump, die Kontrolle über die Bundeshauptstadt Washington zu übernehmen. Am Dienstag (Ortszeit) sind erste Nationalgardisten laut AP eingetroffen – 800 soll Trump einberufen haben.

Um die Polizei Washingtons legal unter Bundeskontrolle zu bringen, hat Trump kurzerhand einen »Verbrechensnotfall« erfunden. »Gewalttätige Gangs und blutrünstige Kriminelle haben unsere Hauptstadt übernommen«, sagte Trump am Montag auf einer Pressekonferenz im Weißen Haus und widersprach damit der örtlichen Kriminalstatistik. Seit der Coronakrise ist die Kriminalität nämlich wieder rückläufig. 2024 sei bei Gewaltdelikten ein Tiefstand verzeichnet worden. Dennoch erlaubt der vermeintliche Notstand Trump, einen Monat lang in Washington durchzugreifen.

Dass diese Ermächtigung auch länger andauern könnte, ließ Karoline Leavitt, die Pressesprecherin des Weißen Hauses, bei einem Pressebriefing am Dienstag durchscheinen. In 30 Tagen werde man die Umstände »neu bewerten«. Rechtlich bedürfte eine Verlängerung einer Resolution von Senat und Repräsentantenhaus. Insgesamt seien schon rund 850 Bundesbeamte vor Ort, so Leavitt. Die Washington Post berichtete am Sonntag, dass bis zu 120 FBI-Agenten und weitere bundesstaatliche Strafverfolgungsbeamte am Hudson River patrouillierten. Das Pentagon sei zudem bereit, »zusätzliche Truppen der Nationalgarde oder andere Spezialeinheiten einzusetzen«, teilte Verteidigungsminister Pete Hegseth mit.

Allein in der Nacht auf Dienstag habe es laut Weißem Haus 23 Verhaftungen gegeben, unter anderem wegen Waffen- und Drogenverbrechen, Trunkenheit am Steuer, »Schwarzfahrens« und Mord. Zusätzlich seien 70 Obdachlosenlager entfernt worden. Trump hatte auf Truth Social gefordert, dass sämtliche Wohnungslosen die Hauptstadt verlassen und irgendwo weit entfernt untergebracht werden. Unbeugsamen drohte Leavitt mit Geld- oder Gefängnisstrafen.

Vor zwei Monaten hatte Trump den Einsatz von Nationalgarde und Marines in Los Angeles gegen den Willen des Gouverneurs Gavin Newsom angeordnet, um dortige Proteste gegen die brachialen Deportationen sogenannter Migranten niederzuschlagen. Das Gerichtsverfahren, das Kalifornien daraufhin einleitete, hat erst am Montag begonnen. Trump scheint sich um derlei Rechtsfragen aber nicht zu kümmern und erwägt bereits, sich weitere Regionen gefügig zu machen: »Wir werden unsere Hauptstadt zurücknehmen, und dann werden wir uns andere Städte anschauen.« Insbesondere nannte er Chicago, New York, Baltimore und Oakland – alles von den Demokraten regierte Städte. Auch dort gehen Gewaltdelikte zurück. Trump geht es folglich nicht um Kriminalitätsbekämpfung, sondern darum, die Opposition kleinzukriegen und den Staat umzubauen. Eigene Anhänger werfen ihm zudem vor, vom Epstein-Skandal ablenken zu wollen.

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