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Aus: Ausgabe vom 06.08.2025, Seite 7 / Ausland
Nahostkonflikt

Zwölftagekrieg mit Folgen

Iran: Verteidigungsrat soll reaktiviert werden, um Strategien zur Absicherung gegenüber Israel zu entwickeln
Von Knut Mellenthin
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Bei einem israelischen Angriff getroffenes Gebäude in der iranischen Hauptstadt Teheran (26.6.2025)

Nach der von den USA unterstützten israelischen Aggression rechnet die iranische Führung mit erneuten Angriffen. Im Iran nennt man die Militäroperation, die vom 13. bis zum 24. Juni dauerte, jetzt schon den »Zwölftagekrieg«. Am Sonntag warnte der Oberkommandierende der iranischen Streitkräfte, Amir Hatami, dass die von Israel ausgehenden Gefahren fortbestünden und nicht unterschätzt werden dürften. In diesem Zusammenhang findet eine Diskussion über eine »umfassende Stärkung der Verteidigungskapazitäten des Landes« und über Strukturveränderungen an der Spitze des Sicherheitsapparats statt. Irans Medien, in erster Linie die staatlichen Agenturen Tasnim, IRNA und Fars, haben am Freitag vergangener Woche die Reaktivierung eines »Verteidigungsrates« gemeldet.

Ein solches Gremium hatte während des irakisch-iranischen Krieges in den 1980er Jahren existiert und war danach aufgelöst worden. Seine Neubildung soll »eine ausschlaggebende Rolle bei der Formulierung der strategischen Verteidigungspolitik spielen«, »Lehren aus dem US-amerikanisch-israelischen Zwölftagekrieg und einen Konsens der Führung über die Aufrechterhaltung des höchsten Niveaus militärischer Bereitschaft gegen wahrgenommene dauerhafte Bedrohungen widerspiegeln«, berichtete die Agentur Tasnim, die auch im Iran oft als offizielles Sprachrohr der Revolutionsgarden zitiert wird. Im Fall des Verteidigungsrates scheinen sogar die staatlichen Medien noch nicht über ausreichend gesicherte Fakten zu verfügen, sondern berufen sich auf »informierte Quellen«.

Aus den ersten Meldungen ergibt sich, dass der Verteidigungsrat »Teil signifikanter struktureller Veränderungen innerhalb des Obersten Nationalen Sicherheitsrats (SNSC)« sein soll. Laut Verfassung leitet der SNSC den außenpolitischen Entscheidungsprozess. Der Staatspräsident führt den Vorsitz. Eine maßgebende Rolle spielt der vom »Revolutionsführer« bestimmte Sekretär des SNSC. Gegenwärtig ist das Ali Akbar Ahmadian, ein ehemaliger stellvertretender Kommandant der Marine der Revolutionsgarden.

Der Verteidigungsrat soll praktisch eine Unterabteilung des SNSC sein. Sein Hauptauftrag sei neben der Verstärkung der Kampfkraft der Streitkräfte »die zentralisierte Prüfung und Entwicklung von Verteidigungsstrategien und -plänen«, berichtete die Tageszeitung Tehran Times am Montag. Das Gremium werde in jedem möglichen Krieg den Oberbefehl haben »und die Souveränität der Nation gegen Angriffe verteidigen, wobei es unter dem Dach des SNSC operiert«. Den ersten Berichten iranischer Medien zufolge werden dem Verteidigungsrat die für die Verteidigung zuständigen Minister, die Kommandanten der verschiedenen bewaffneten Kräfte, der Parlamentssprecher und der Chef des Justizwesens angehören. Zwei von »Revolutionsführer« Ali Khamenei ernannte Mitglieder werden diesen repräsentieren.

Aufmerksam werden in Israel Personalspekulationen um den 67jährigen Politiker, Diplomaten und früheren Militäroffizier Ali Laridschani beobachtet, der sich mehrmals erfolglos um das Präsidentenamt bewarb, aber als einer der wichtigsten Berater des »Revolutionsführers« gilt. Er war Sekretär des SNSC vom August 2005 bis zum Oktober 2007 und vertrat in dieser Funktion sein Land in den internationalen Atomverhandlungen, bis er aus unklaren Gründen das Vertrauen des damaligen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad verlor. Laridschani könnte in nächster Zeit Ahmadian als Sekretär des SNSC ablösen, heißt es jetzt gerüchteweise in iranischen Medien, während diesem »die Verantwortung für verschiedene spezielle und strategische nationale Aufgabengebiete« übertragen werden könnte. Tatsächlich ist Laridschani in letzter Zeit durch Sondermissionen für Khamenei wie etwa einen Überraschungsbesuch beim russischen Präsidenten Wladimir Putin am 20. Juli, also während des Zwölftagekrieges, hervorgetreten.

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