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Aus: Ausgabe vom 29.07.2025, Seite 6 / Ausland
Sudan

Ein Krieg, zwei Regierungen

Sudan: Paramilitärs wollen Süddarfur. Verurteilt von Arabischer Liga
Von Ina Sembdner
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Mohammed Daglo will seine Macht in Süddarfur manifestieren (Khartum, 19.2.2023)

Während der Krieg im Sudan nach mehr als zwei Jahren unvermindert andauert, ist am Wochenende in der Provinz Süddarfur eine Parallelregierung für die Provinz ausgerufen worden. Dahinter steht die sogenannte Sudanesische Gründungsallianz (Tasees), an deren Spitze der frühere Vize von De-facto-Präsident General Abdel Fattah Al-Burhan, Mohammed Hamdan Daglo, steht. Er fordert seit April 2023 die Macht des Militärs mit seinen paramilitärischen RSF heraus, Millionen Sudanesen wurden seither vertrieben, Tausende getötet. Neben den RSF gehört die SPLM-N unter der Führung von Abdelaziz Al-Hilu zu Tasees, das in der Provinzhauptstadt Nyala seine »Übergangsregierung« vorstellte.

Daglo wird demnach dem 15köpfigen »Präsidialrat« vorstehen, Mohammed Hassan Al Taishi wurde zum Premierminister ernannt. Er war Mitglied des Souveränen Rates, der nach der Machtübernahme des Militärs 2019 als Übergangsgremium gebildet worden war. Die früher im Südsudan aktive SPLM-N hatte ihre politische Tätigkeit nach der Abspaltung 2011 politisch in den Norden, nach Sudan, verlegt. Unter dem Langzeitherrscher Omar Al-Baschir, der nach monatelangen Massenprotesten durch das Militär gestürzt werden konnte, war der SPLM-N der Status einer politischen Partei verwehrt worden. Al-Burhan wiederum bediente sich zur Konsolidierung seiner Macht auch alter islamistischer Kader der 30 Jahre währenden Baschir-Herrschaft.

Entsprechend die Reaktionen der Befürworter der Nyala-Regierung. Der früher im Souveränen Rat als Justizminister tätige Nasredeen Abdulbari bezeichnete es als »das wichtigste Ereignis« seit der Gründung der SPLM 1983, damit werde die Souveränität an »das großartige schwarze Volk des Sudan« zurückgegeben, zitierte ihn das Portal Dabanga Sudan am Sonntag. Tasees-Führer Suleiman Sandal beschrieb die Gründung als Ergebnis der revolutionären Kämpfe im Sudan, die darauf abzielten, den Krieg zu beenden und gleiche Bürgerrechte zu etablieren. Vor allem die RSF haben jedoch eine lange Geschichte an Verbrechen gegen die Menschheit. Ihr Vorläufer, die Dschandschawid-Milizen, waren unter Daglo Anfang der 2000er Jahre die Hauptausführenden des Genozids in Darfur – orchestriert vom damaligen Regionalkommandeur Al-Burhan.

Dessen Armee, die ihre Militärregierung in Folge des Krieges von Khartum nach Port Sudan verlegt hat, verurteilte die Ausrufung als »rassistisches Projekt« und »verzweifelten Versuch«, von ausländischen Mächten unterstützte Ambitionen zu legitimieren. Hintergrund ist, dass die RSF sowohl beim Genozid als auch im jüngsten Krieg vor allem arabische Minderheiten in Darfur angreifen. Der dortige Gouverneur, Minni Arko Minawi, warf den RSF vor, Kriegsverbrechen durch deren Verbündete zu vertuschen. Wen er meinte, sagte er nicht, aber Al-Burhan wirft den Vereinigten Arabischen Emiraten vor, die RSF mit Waffen und Ausrüstung zu unterstützen. Verurteilt wurde der Schritt zudem von der Arabischen Liga. Das Generalsekretariat forderte am Sonntag statt dessen ein Ende der Belagerung der Stadt Al-Fascher, die Umsetzung des Abkommens von Dschidda zum Schutz der Zivilbevölkerung sowie den Zugang humanitärer Organisationen.

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  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Martin M. aus Paris (28. Juli 2025 um 22:07 Uhr)
    Danke, dass ihr nach wie vor über diesen grauenvollen Bürgerkrieg schreibt. Die DKR ist auch erneut weg aus den meisten Medien, da es offensichtlich ein Abkommen mit Ruanda gibt. Jemen kommt nur noch vor, wenn dort Raketen auf Schiffe oder Israel abgefeuert werden; kein Interesse für die katastrophale Lage des Landes und dessen Bevölkerung, obwohl die Angriffe von »Außen« weitergehen.

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