Morning Star: Große Begeisterung für neue sozialistische Partei zeigt, dass die Linke nie verschwunden war

Die britische sozialistische Tageszeitung Morning Star kommentierte in ihrer Montagsausgabe den großen Zuspruch zur angekündigten Gründung einer neuen Linkspartei durch die früheren Labour-Politiker Jeremy Corbyn und Zarah Sultana:
(…) Die Anmeldungen für die Gründung der neuen Partei, die von Jeremy Corbyn und Zarah Sultana initiiert wurde, übersteigen bereits die Mitgliederzahl aller bestehenden politischen Parteien in Großbritannien. (…)
Noch wichtiger ist jedoch, dass die Begeisterung für ein neues Corbyn-Projekt die Erzählung widerlegt, dass die jüngste sozialistische Phase der Labour-Partei eine Anomalie war, die nicht die öffentliche Meinung widerspiegelte und wahltaktisch selbstmörderisch war. (…) Tatsächlich zog die als Corbynismus bekannte Massenbewegung Hunderttausende von Aktivisten an und verschaffte Labour Millionen zusätzliche Stimmen, weil sie sich auf die tiefe Enttäuschung über den bisherigen parteiübergreifenden Konsens in Westminster und das weitverbreitete Gefühl stützte, dass Großbritannien seit Jahrzehnten in die falsche Richtung gelaufen war.
Diese Gefühle sind heute nicht schwächer als 2015: Der gleichzeitige Einbruch von Labour und den Tories in den Umfragen zeigt, dass sie sogar stärker geworden sind. Sie kommen nicht vorwiegend in linken Begriffen zum Ausdruck: Sie sind der Grund für den aktuellen Vorsprung von Reform UK (extrem rechte Partei, jW) in den Umfragen. Aber eine Ablehnung der politischen Ordnung nach Thatcher ist in Wirklichkeit eine Ablehnung der Folgen der Politik der Rechten – Privatisierung, Deregulierung und Deindustrialisierung –, da diese seit den 1980er Jahren von beiden Regierungsparteien verfolgt wurde.
Und der Ausschluss einer sozialistischen Antwort auf dieses Dilemma beruht nicht auf einer tatsächlichen Verschiebung der öffentlichen Meinung, sondern ist ein künstliches Produkt der administrativen Unterdrückung der Linken innerhalb der Labour-Partei. Mit einem anderen Ventil könnte sie ihren Status als Bewegung von nationaler Bedeutung zurückgewinnen und gleichzeitig innerhalb der Labour-Partei Raum für den Kampf gegen die Rechte schaffen.
All dies sollte jedoch nicht zu Naivität hinsichtlich der Schwierigkeiten führen, mit denen eine neue Partei konfrontiert sein wird. Umfragen deuten darauf hin, dass sie viele Stimmen auf sich vereinen wird, ohne jedoch den derzeitigen Vorsprung der Reformpartei zu schmälern. Es ist entscheidend, zu untersuchen, warum Labour 2017 seine Stimmenanteile insgesamt steigern konnte, 2019 jedoch so stark einbrach – ebenso wie der Blick nach außen auf die gesamte Arbeiterklasse und die Vermeidung des manchmal isolierten und belehrenden Charakters der »linken« Politik. Eine Neuauflage des gescheiterten Projekts von 2015 bis 2019 dürfte kaum ein Rezept für zukünftigen Erfolg sein.
Dennoch ist dies ein sehr ermutigender Anfang. Der Vormarsch von Autoritarismus und Rassismus in diesem Land, der widerwärtige Konsens hinter der Komplizenschaft beim Völkermord in Israel und der Versuch, öffentliches Eigentum und die Umverteilung von Reichtum vom Tisch zu halten, können durch das Entstehen einer linken Bewegung dieser Größenordnung in Frage gestellt werden. Kein Sozialist kann davor die Augen verschließen.
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