Streikvorbereitungen bei Tik Tok
Von Gudrun Giese
Erst haben sie ihre Kenntnisse ins Netz von Tik Tok gespeist. Nun soll sogenannte künstliche Intelligenz ihre Arbeit übernehmen. Gegen ihre geplante Entlassung protestierten Beschäftigte vor der Berliner Zentrale des Unternehmens am Donnerstag. Auch Streiks werden vorbereitet.
Das Motto der Aktion, zu der Verdi mobilisiert hatte, lautete: »Wir haben eure Maschinen trainiert – bezahlt uns, was wir verdienen!« In der Abteilung, in der derzeit rund 150 Beschäftigte die Inhalte der Social-Media-Plattform auf Gewaltverherrlichung und andere Straftaten überprüfen, soll diese Aufgabe künftig unter anderem durch künstliche Intelligenz (KI) sowie Drittdienstleister erledigt werden. Weitere 15 Beschäftigte aus dem Bereich Tik-Tok-Live sollen ebenfalls ihre Jobs verlieren. Verdi kritisierte die Entlassungen bei dem zum chinesischen Bytedance-Konzern gehörenden Unternehmen. Die Überprüfung der Inhalte durch KI berge die Gefahr, dass Fehlentscheidungen zunähmen. Da viele der bei Tik Tok beschäftigten Menschen aus anderen Ländern stammen, könnte für sie der Arbeitsplatzverlust zudem die Gefährdung ihrer Aufenthaltsgenehmigung bedeuten.
Der Stellenabbau und die Verlagerung an Drittanbieter bezweckten Kostensenkungen und Profitmaximierung, erklärte Kathlen Eggerling, die für Verdi das Tik-Tok-Management zu Verhandlungen über einen Sozialtarifvertrag aufgefordert hat. Die gewerkschaftliche Tarifkommission fordert eine Verlängerung der Kündigungsfrist auf ein Jahr und eine Abfindung in Höhe von drei Jahresgehältern. Bisher hat die Geschäftsleitung des Unternehmens Tarifverhandlungen mit Verdi abgelehnt. Deshalb bereitet die Gewerkschaft Streiks vor, sofern Tik Tok bei seiner ablehnenden Haltung bleibt. Die Beschäftigten seien auf eine fortgesetzte Blockade vorbereitet, sagte Eggerling. »Wir haben in den letzten Monaten eine beeindruckende Organisierung der Belegschaft erlebt.« Viele Beschäftigte seien in Verdi eingetreten und auch zum Arbeitskampf bereit.
Seit vielen Jahren gibt es Kritik an den Arbeitsbedingungen sogenannter Contentmoderatoren, die die oft psychisch stark belastenden Inhalte auf den Plattformen überprüfen und Inkriminiertes aussortieren. Bei Drittanbietern gebe es besonders schlechte Bedingungen, so Verdi. Umso wichtiger seien Hilfsangebote für die Beschäftigten, etwa eine gute psychologische Unterstützung. Würden immer mehr Bereiche zwecks Kostensenkung an Dritte ausgelagert, bestehe die Gefahr, dass Beschäftigte dort nicht nur schlechter bezahlt würden, sondern auch keine Unterstützung mehr bei der Bewältigung der schwierigen Aufgaben erhielten, befürchtet die Gewerkschaft. Die Verlagerung der Überprüfung von Tik-Tok-Inhalten auf KI berge wiederum die Gefahr, dass unangemessene Inhalte nicht ausreichend erkannt werden, sofern nicht Menschen in die Auswahl einbezogen seien. Der Betriebsrat habe den Tik-Tok-Chefs aus diesem Grund vorgeschlagen, alle Stellen zu erhalten, die für die Kontrolle politisch und gesellschaftlich relevant sind. Das Management habe diesen Vorschlag abgelehnt, so Verdi.
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