Tödliche Profite
Von Oliver Rast
Bilder trügen, führen in die Irre. Wie beim Kriegsproduzenten Heckler & Koch (H&K). Auf der Startseite der Website der Schwarzwälder Waffenschmiede prangt ein Windkraftrad mit seinen schweren Rotorblättern samt Betonturm und Maschinenhaus in den tiefblauen Himmel. Von goldgelbem Sonnenlicht umstrahlt. Dazu der Reklamespruch: »Sicherheit geht für uns mit nachhaltigem Handeln einher. Wir beschränken uns nicht nur auf eine ökologische Produktionsstrategie.« Nur, »nachhaltig« ist hier nichts, »ökologisch« schon gar nichts. Der zivile Touch Augenwischerei.
Der Beleg: Die Produktion von Deutschlands größtem Fabrikanten von Sturmgewehren, Maschinengewehren, Granatwerfern und Pistolen steigt und steigt, berichtete dpa am Mittwoch. Eine Tendenz, die der Firmenvorstand gleichentags auf der virtuellen Hauptversammlung des Unternehmens zufrieden feststellte. Der Umsatz zog demnach im vergangenen Jahr um 13,9 Prozent auf 343,4 Millionen Euro an, der Gewinn nach Steuern (EAT) stieg um 9,6 Prozent auf 31,5 Millionen Euro. Die Auftragsbücher sind pickpackevoll: Lag der Auftragseingang 2023 noch bei 285,3 Millionen Euro, so stieg er 2024 auf 426,2 Millionen Euro – ein Rekordwert in der bisherigen Unternehmensgeschichte.
Und da die Branche konstant boomt, wollen die geschäftigen Schreibtischkrieger ein umfangreiches Investitionsprogramm auf den Weg bringen. Nachdem die Bosse von H&K in den vergangenen fünf Jahren rund 100 Millionen Euro für modernere Anlagen, ein Schießzentrum und einen Logistikstandort ausgegeben haben, sollen es in den kommenden fünf Jahren 150 Millionen Euro sein. Es gehe schließlich um den technologischen Ausbau, die Stärkung industrieller Kapazitäten und die Positionierung als sogenannter Systemanbieter im sogenannten Verteidigungssektor. Was sind »Systemanbieter«? Unternehmen, die Fremdkomponenten, etwa Zubehör von Zulieferern, zu einem – in dem Fall – mörderischen Produkt zusammenschrauben. Das haben die Schwarzwälder Todbringer bislang nicht gemacht. Künftig aber.
Ein Kriegsbusiness, das Widerspruch hervorruft. Von den kritischen Aktionären, von der Deutschen Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen, von der Initiative »Ohne Rüstung leben« und der Kampagne »Aktion Aufschrei. Stoppt den Waffenhandel!«. Das Quartett brandmarkte am Mittwoch via Pressemitteilung die »tödlichen Profite« von H&K.
Ein Kritikpunkt: Geschäfte »in lax regulierten Märkten« in den USA. H&K wirbt dort unter anderem mit der Pistole »CC9« speziell um zivile Kundschaft. Die verdeckt getragene, feuerstarke Knarre gilt als besonders »alltagstauglich«, um für »den einen Tag« bereit für den Einsatz zu sein. Charlotte Kehne, Referentin für Rüstungsexportkontrolle bei »Ohne Rüstung leben«: »Damit unterstützt Heckler & Koch den gefährlichen Mythos, Schusswaffen würden ihre Besitzer sicherer machen und dienten ausschließlich der persönlichen Selbstverteidigung.« Dabei gäben in den USA neunmal so viele Menschen an, Opfer einer Person mit einer Schusswaffe geworden zu sein, als durch eine Schusswaffe geschützt worden zu sein, weiß Kehne. Sie kritisiert weiter: »Angesichts des Leids der Betroffenen von Schusswaffengewalt und ihrer Angehörigen ist das eine zynische und gefährliche Strategie!« Wohl wahr. Allein im vergangenen Jahr sind in den USA fast 17.000 Menschen durch Schusswaffengewalt getötet und mehr als 31.000 Menschen verletzt worden.
Ein weiterer Kritikpunkt: In zahlreichen Krisen- und Kriegsgebieten hantieren »Kindersoldaten« mit H&K-Fabrikaten, oft mit Kleinwaffen, Faustfeuerwaffen. Beispielsweise in Uganda, in Sierra Leone, im Sudan, in Kolumbien, in Myanmar, im Irak. Die H&K-Geschäftsführung sei aber bis heute nicht einmal bereit, »wenigstens einen Rehabilitationsfonds speziell für Kindersoldaten und deren Opfer einzurichten«, so Tilman Massa, Kogeschäftsführer des Dachverbands der kritischen Aktionäre.
Wenig verwunderlich: Entschädigungszahlungen passen nicht zum H&K-Firmenidyll mit Windrädern.
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