Ultrarechts plant »Remigration«
Von Carmela Negrete
Spanien ist ein Sehnsuchtsort vieler Faschisten. Dort können immer noch rassistische Reden gehalten werden, ohne dass man Angst vor Repressionen haben muss. So geschehen am Montag auf einer Pressekonferenz in der Parteizentrale der extrem rechten Partei Vox im gehobenen Madrider Viertel Chamartín. Dort wurden Pläne der Partei vorgestellt, an denen sie »seit langem arbeitet«: für »Remigration«. Laut Rocío de Meer, »Sprecherin für demographischen Notstand und Sozialpolitik« (die Bezeichnung sagt im Grunde schon alles), strebt Vox danach, sieben bis acht Millionen Migranten und Personen mit ausländischen Wurzeln mitsamt Kindern abzuschieben.
Auch der aus dem Niederländischen stammende Name de Meer ist vielsagend: So ist die 35jährige Anwältin Enkelin des letzten Gouverneurs der Balearen unter Francisco Franco. Seit 2019 Parlamentsabgeordnete, suggerierte de Meer 2020 auf Twitter, dass das Militär etwas gegen die Regierung unternehmen sollte: »Wir müssen die Armee daran erinnern, dass sie der Nation eidlich verpflichtet ist und nicht der Regierung«, schrieb sie. Am Montag versicherte sie, dass »seit den 1990er Jahren Millionen und Abermillionen von Menschen nach Spanien gekommen sind – ermutigt durch das Zweiparteiensystem«. Von den insgesamt rund 47 Millionen Einwohnern Spaniens wolle die Partei »etwa acht Millionen Menschen ausländischer Herkunft« nun wieder deportieren. Und zwar, weil diese einen »sehr tiefgreifenden Wandel in einem sehr kurzen Zeitraum« für das Land bedeutet hätten.
»Es ist für diese Menschen ausgesprochen schwierig, sich an unsere Gebräuche und Traditionen anzupassen«, so die spanische Rassistin, die vorgab, über das »nationale Interesse« des Landes zu sprechen. »Die Lage in vielen Dörfern, Stadtvierteln und auf vielen Plätzen hat sich ebenfalls verändert, die Ruhe ist weg«, sagte sie und stellte Migration mit Problemen und Gewalt gleich. »All diese Millionen Menschen, die zuletzt in unser Land gekommen sind, sich nicht an unsere Gewohnheiten angepasst und in vielen Fällen auch noch Unsicherheit in unsere Viertel und Umgebung gebracht haben, müssen in ihre Herkunftsländer zurückkehren«, unterstrich sie. Die Partei beabsichtige einen »umfassenden und komplexen Prozess der ›Remigration‹«. Danach fügte de Meer hinzu: »Und wir haben außerdem das Recht, als Volk überleben zu wollen. Oder etwa nicht?«
Am Freitag hatte de Meer Videos auf der Onlineplattform X gepostet, die sie an Bord eines »Remigración« getauften Schiffes vor Almería zeigten. Neonazis hatten das Schiff mit einem Banner versehen, das die Aufschrift trug: »2040 wird es hier mehr Migranten als Spanier geben.« Laut der Vox-Abgeordneten werden die »Remigrationspläne« bereits seit 2021 konsequent verfolgt. Ein Mittel dazu ist die Konferenz »Frontera Sur«, die dieses Jahr schon zum vierten Mal gemeinsam mit der extrem rechten europäischen Parteienallianz Patriots.eu veranstaltet werden soll. Dort soll beraten werden, wie man gegen das angebliche »Volkssterben« und den von den Rechten behaupteten »Bevölkerungsaustausch« am besten vorgehen kann. Zu den »Patriots« zählen unter anderem der Rassemblement National aus Frankreich, die Fidész aus Ungarn, die Lega aus Italien und die FPÖ aus Österreich.
Die spanische Koalitionsregierung aus sozialdemokratischem PSOE und dem Linksbündnis Sumar befindet sich gegenwärtig in einer Krise, die Linke ist gespalten und schwächer denn je. Neuwahlen könnten eine Regierung der rechtskonservativen Volkspartei (PP) zusammen mit den Ultrarechten von Vox ermöglichen. Es gibt in Spanien nichts, das der in Deutschland vielbeschworenen »Brandmauer« gegen die AfD ähneln würde. Seit 2022 haben PP und Vox in drei Regionen eine Regierung gebildet: in Kastilien-Leon, Valencia und Murcia. Auch wenn eine große Koalition aus PSOE und PP nicht mehr auszuschließen ist – mit Vox zusammen zu regieren wäre für die spanische Rechte wohl bequemer und könnte sogar für eine absolute Mehrheit reichen. Auf dem Parteitag der PP am Wochenende wurden schon einige Vox-Vorschläge durchgewinkt, so Abstriche beim Zugang zur Gesundheitsversorgung für Asylsuchende.
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