Schurken als »Friedenstauben«
Von David Siegmund-Schultze
Gerade von Benjamin Netanjahu für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen zu werden, bedeute ihm viel, so Donald Trump beim Besuch des israelischen Premiers im Weißen Haus am Montag (Ortszeit). Der wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschheit vom Internationalen Strafgerichtshof per Haftbefehl gesuchte Netanjahu überreichte dem US-Präsidenten während des Treffens einen entsprechenden Brief an das Nobelpreiskomitee.
Zentrales Thema waren jedoch die derzeit in Doha laufenden indirekten Verhandlungen zu einer Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas. »Ich hoffe sehr, dass es bald soweit ist«, sagte Steve Witkoff, US-Sondergesandter für den Nahen Osten, bei der Zusammenkunft. Bisher hätten die Gespräche jedoch keine Annäherung gebracht, sagte ein Hamas-Vertreter gegenüber dem US-amerikanischen Nachrichtenportal Drop Site News am Montag. Washington hatte vergangene Woche einen mit Tel Aviv abgestimmten Vorschlag vorgebracht, der eine 60tägige Feuerpause vorsieht, während der zehn israelische und eine unbestimmte Anzahl palästinensische Gefangene freigelassen werden sollen. Am Dienstag habe in Doha der Schwerpunkt auf dem Thema Hilfsgüter gelegen, so eine palästinensische Quelle gegenüber AFP. Der US-Vorschlag würde es Israel erlauben, die Verteilung humanitärer Hilfen weiter zu kontrollieren; die Hamas fordert jedoch, dass die UNO wieder die Versorgung der Bevölkerung übernehmen soll. Außerdem will die palästinensische Organisation Garantien von Washington, dass die Netanjahu-Regierung den Krieg nach den 60 Tagen nicht fortsetzt.
Israels Premier wiederholt immer wieder, dass der Krieg nicht enden werde, bevor die Hamas ihre Waffen niederlegt und ihre politischen Anführer ins Exil gehen – was die Organisation als Aufgabe des Kampfes für Selbstbestimmung verstehen würde. Die Verhinderung eines Staates Palästina hat für Tel Aviv oberste Priorität, das wurde auch in Washington deutlich: Die Souveränität über dessen Gebiet müsse »immer in unseren Händen bleiben«, sagte Netanjahu bei dem Treffen am Montag. Es sei ihm egal, dass damit palästinensische Staatlichkeit ausgeschlossen wäre. Er betonte zugleich, dass seine Regierung am Vorhaben festhalten wolle, die Bevölkerung Gazas zu vertreiben. Trumps Plan der »freiwilligen Ausreise« der Palästinenser vom Februar sei eine »brillante Vision«. Die USA und Israel stünden »kurz davor, mehrere Länder zu finden«, die die Menschen aus Gaza aufnehmen werden, so Netanjahu.
Am Montag stellte Verteidigungsminister Israel Katz einen Plan vor, Gazas Bevölkerung in eine »humanitäre Stadt« auf den Ruinen Rafahs im Süden des Küstenstreifens »umzusiedeln«. Das Gebiet wird seit Monaten vollständig von der Armee kontrolliert, die Stadt wird systematisch dem Erdboden gleichgemacht. Zunächst sollen die etwa 600.000 Menschen, die sich im Gebiet Mawasi befinden, in das Lager »transferiert« werden; später dann die gesamte Bevölkerung des Gazastreifens. Der Plan diene dem Ziel, die »freiwillige Ausreise« aus der Enklave zu fördern, so Katz.
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Leserbrief von Fred Buttkewitz aus Ulan - Ude (9. Juli 2025 um 03:03 Uhr)»Gerade von Benjamin Netanjahu für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen zu werden, bedeute ihm viel, so Donald Trump beim Besuch des israelischen Premiers im Weißen Haus am Montag (Ortszeit).« Dazu wäre das Nobelpreiskommitee durchaus in der Lage. Allerdings muss Trump zuvor bei den Opferzahlen noch etwas zulegen, wenn er mit den Friedensnobelpreisträgern Kissiger und Obama gleich ziehen will. Für den Friedensnobelpreis muss man schon etwas mehr tun, als Sanktionen und Strafzölle zu verhängen oder Atomanlagen zu bombardieren, die anschließend noch nicht einmal Radioaktivität freisetzen. Verschenkt wird dieser Preis nun auch wieder nicht. Doch die EU hat ihn sich im Ukraine-Krieg wenigstens nachträglich redlich verdient. Ein Problem haben wir allerdings noch: Wie bekommen wir das Wort »Frieden« aus der Bezeichnung für den Preis auch noch heraus? Kann vorerst bleiben, denn als Tarnfarbe taugte das Wort »Frieden« ja auch für Hitler etliche Jahre.
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