Marsch der Schande
Von Carmela Negrete
Sie treten martialisch auf, marschieren in Reih und Glied, kleiden sich in Schwarz und tragen dabei sowohl die spanische Nationalflagge als auch die der Franco-Diktatur: Spaniens neue Faschisten sind jung. Sehr jung – viele gar noch minderjährig. Rund 300 von ihnen demonstrierten am vergangenen Freitag in Madrid. Sie ähneln zwar den neuen Neonazigruppen, die sich auch in Deutschland formiert haben. Doch Spanien hat seine ganz eigene faschistische Tradition: Aufgerufen hatte die nach wie vor legale Partei der Falangisten. Vor dem Rathaus der Stadt zeigte die Menge den sogenannten römischen Gruß und sang die Hymne der Diktatur »Cara al Sol« (»Gesicht zur Sonne«).
Einige skandierten auch »Sieg Heil!«, doch die Tageszeitung Diario Red wusste zu berichten, dass sie von ihren »Kameraden« aufgefordert wurden, sich auf spanische Parolen zu beschränken. Sicher ist jedoch: Auch Spaniens Faschisten sind international vernetzt – durch die Straßen Madrids trugen sie ein großes Banner mit der Aufschrift »Remigracion«. Andererseits waren im März in Berlin Jugendliche mit T-Shirts des spanischen Núcleo Nacional auf einer Neonazidemonstration am Ostkreuz zu sehen. Das Logo dieser Gruppe war auch bei der Demonstration der Falange am Freitag zu erkennen.
Untätige Polizei
Einer der Slogans der Demonstration lautete: »Das ist keine Migration, das ist eine Invasion.« Die Teilnehmer forderten die Abschiebung aller Migranten aus Spanien. Nur weiße und christliche Menschen gehörten zu Spanien, alle anderen seien hier, weil es einen Plan der »Eliten« gebe, die Länder zu destabilisieren. Die westliche Zivilisation sei in Gefahr.
Bewohner des migrantisch geprägten Viertels Lavapiés konnten mit einer Beschwerde verhindern, dass der Marsch durch ihre Straßen führte. Die städtischen Behörden, die die Demonstration genehmigt hatten, legten daraufhin eine alternative Route fest. Gegendemonstranten auf der Plaza de Jacinto Benavente riefen immer wieder: »¡No pasarán!« Anwesend war auch der Podemos-Abgeordnete im Madrider Rathaus, Serigne Mbaye, der erste papierlose Migrant, der als Politiker in Spanien ein Amt bekleidet.
Die faschistischen Teilnehmer skandierten ihrerseits: »Marlaska, du Schwuler!« – gemeint ist der sozialdemokratische Innenminister Fernando Grande-Marlaska. Dass die Polizei bei all diesen Beleidigungen untätig bleibt, hängt nicht nur mit einem »Demokratieproblem« innerhalb der Sicherheitsbehörden zusammen, sondern auch mit der rechten Regionalregierung von Madrid. Faschisten marschieren, zeigen verbotene Symbole – und nichts geschieht. Dabei ist all das seit 2022 verboten. Der rechtskonservative Partido Popular, der die Franco-Diktatur nie verurteilt hat und eng mit CDU und CSU verbunden ist, genehmigte diesen Marsch der Schande.
Staat bezahlt Franco-Grab
Wenn hingegen Antifaschisten demonstrieren, greift die Polizei oft hart durch – manche landen sogar im Gefängnis. So etwa im Fall der »Sechs von Zaragoza«, die derzeit inhaftiert sind, obwohl es kaum Beweise dafür gibt, dass sie bei einer Gegendemonstration gegen die Faschisten der Vox-Partei Polizisten verletzt hätten. Landesweit wird für ihre Freilassung demonstriert. Auch das »Maulkorbgesetz«, das die rechte Regierung unter Mariano Rajoy 2015 gegen heftigen Widerstand durchgesetzt hatte, sorgt bei Antifaschisten für Unmut, da es nur selten gegen die Rechten, aber regelmäßig gegen Linke angewandt wird.
Die Faschisten marschieren also nicht nur völlig straffrei durch die spanische Hauptstadt – auch das neue Grab des Diktators Francisco Franco, dessen sterbliche Überreste aus dem »Tal der Gefallenen« umgebettet wurden, ist inzwischen zu einem neuen Wallfahrtsort für Faschisten geworden. »Dieser Ort wird mit Steuergeldern finanziert«, beklagt Emilio Silva von der Vereinigung der Opfer des Faschismus (ARMH) gegenüber jW und zeigt Videos und Fotos, die er kürzlich dort aufgenommen hat. Zu sehen sind Inschriften, die dem Diktator huldigen, eine Franco-Büste, faschistische Flaggen, unzählige Blumen, militärische Abzeichen und Banner.
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