Biodeutscher Rundfunk
Von Pierre Deason-Tomory
Wenn es für Publikumsverarschung einen goldenen Donald-Stern gäbe, dann bekäme der Westdeutsche Rundfunk drei davon. Verdient hätte das Blech eine Sprecherin des Senders, deren Namen wir im Sinne der Europäischen Deppenrechtskonvention nicht nennen wollen. Im Zusammenhang mit der drohenden Abschaltung des interkulturellen Radiosenders Cosmo erklärte besagte Daisy Duck gegenüber dem Evangelischen Pressedienst, dem WDR sei es wichtig, »Menschen mit Einwanderungsgeschichte anzusprechen«, und deshalb »wollen wir Cosmo nicht abschalten, sondern weiterentwickeln«. Ohne Zweifel meint sie mit »weiterentwickeln« das, was die Spatzen von den Dächern funken: Die Radiostation soll im Internet beerdigt werden. Unterschriftensammlung läuft.
Hintergrund ist der Rundfunkreformstaatsvertrag, der vorsieht, dass der WDR künftig nur noch sieben seiner neun Hörfunkwellen betreiben darf, da hat der Nachfolger der historischen BRD-Gastarbeitersendungen schlechte Karten. Cosmo ist das einzige mehrsprachige UKW-Radio in der ARD und wird ausgestrahlt vom federführenden WDR sowie Radio Bremen und dem RBB. 1998 als Funkhaus Europa gegründet, wurde der Sender 2016 schon einmal »weiterentwickelt«, also verschlankt und verdudelt, und danach umbenannt. Wenn die WDR-Leitung Cosmo jetzt in den Cyberraum abschießt, bekommen die Buchstaben A und R in ARD eine neue Bedeutung: Sie stehen dann für »Ausländer raus!«.
Die Programmvorschläge beginnen mit einer Gruselgeschichte, dem Feature »Inside Private Equity – Wenn internationale Investoren deutsche Pflegeheime kaufen« (DLF 2025, Di., 19.15 Uhr). Investorenspuk auch in der »Dimensionen«-Ausgabe »Jugomodernismus«, Geldsäcke bedrohen im Stadtteil Neu-Belgrad das architektonische Erbe der jugoslawischen Moderne (Mi., 19.05 Uhr, Ö 1). In den »Radiogeschichten« liest Brigitte Karner die Geschichte »Ein Finger für eine Ziege« aus Dacia Marainis Erinnerungen an ihre Kindheit in einem japanischen Internierungslager (Do., 11.05 Uhr, Ö 1).
Sophie Rois hat Nell Zinks neuen Roman »Sister Europe« eingesprochen, am Donnerstag beginnt die 22teilige Lesung (13.30 und 23.05 Uhr, Radio 3). Im Krimi »Der Garten« von Anja Hilling liegen eine Popmieze und ein abgewrackter Rocker im Blumenbeet, inniglich umschlungen, aber ziemlich tot (WDR 2012, Sa., 19.04 Uhr, WDR 3). Die zwei Täubchen verpassen am Samstag abend zwei italienische Opern: Puccinis »Turandot«, dirigiert 1966 von Zubin Mehta in der Met, läuft auf Ö 1 (19.30 Uhr), Verdis »Stiffelio«, gegeben vom WDR-Funkhausorchester am 6. Juni in Dortmund, bringen die ARD-Kulturwellen (20.03 Uhr, BR Klassik, HR 2 Kultur, MDR Klassik, NDR Kultur, Radio 3, SR 2 Kultur, SWR Kultur, WDR 3). Parallel dazu spielt Michael Stauffer im Hörspiel »Du musst gewinnen« von Michael Stauffer den Hörspielautoren Michael Stauffer. Am Rande kommen auch andre arme Irre vor (SRF 2016, 20.03 Uhr, SRF 2 Kultur).
Die dritte Staffel der Fantasyreihe »Mia Insomnia« von Gregor Schmalzried startet mit den ersten drei Folgen (BR 2025, So., 15.05 Uhr, Bayern 2). In »Texte im Wettbewerb«, der neuen Ausgabe der »Literatur im Gespräch«, werden fast fünfzig Jahre Ingeborg-Bachmann-Preis evaluiert (So., 22.05 Uhr, DLF Kultur). Schließlich belehrt das »Radiokolleg« ab Montag in vier Lektionen über die neue Ära des »Rich Kids Pop« und begründet, warum Popmusik »vom Emanzipationsvehikel der proletarischen zum Tummelplatz der Kinder aus besserem Haus« geworden und ihr gesellschaftlicher Stellenwert verdampft sei (Mo., 9.45 und 22.45 Uhr, Ö 1).
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