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Aus: Ausgabe vom 20.06.2025, Seite 8 / Ansichten

Kontraste

Reaktionen auf Iran-Krieg
Von Arnold Schölzel
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Proteste gegen Israels Krieg gegen Iran am Mittwoch vor dem Weißen Haus in Washington

Vermutlich ist die Welt in diesen Wochen einem atomaren Inferno so nahe wie noch nie seit 1945 – auch im Vergleich mit der sogenannten Kuba-Krise 1962 oder der NATO-»Nachrüstung« 1983. Beide Male funktionierte der subjektive Faktor, begrenzten die entscheidenden Politiker das atomare Wettrüsten. Möglich wurde das aber durch die objektive Veränderung des Kräfteverhältnisses zwischen Ost und West. Die sozusagen materielle Basis war das in den 60er Jahren von der Sowjetunion erreichte militärisch-strategische Gleichgewicht zu den USA. Klar geworden war: Eine Intervention gegen die sozialistischen Länder konnte in einen globalen Atomkrieg umschlagen. Der Einsicht folgte in den 60er Jahren das Konzept des »Zusammendenkens von Verteidigungs- und Abrüstungspolitik«, auf das sich das »Manifest« aus SPD-Friedenskreisen in der vergangenen Woche bezog. Das ist verdienstvoll.

In den 80er Jahren war es nicht zuletzt die DDR, die zum Teil gegen den Widerstand von Teilen der sowjetischen Führung die NATO-Stationierungen in Westeuropa nicht zum Anlass nahm, alle Gespräche abzubrechen. Erich Honecker schlug am 5. Oktober 1983 in einem Brief an Helmut Kohl vor, »dass sich alle, die das Abgleiten der Menschheit in eine nukleare Katastrophe verhindern wollen, zu einer Koalition der Vernunft zusammentun sollten, um beruhigend auf die internationale Lage einzuwirken.« Auch das funktionierte.

Heute sind rational argumentierende Stimmen im Westen kaum zu hören – das »Manifest« ist eine Ausnahme und die maßlosen Attacken gegen dessen Verfasser sprechen für sich. Der kalkulierten »Drecksarbeit«-Äußerung des Kanzlers folgte die Ankündigung, dass der deutsche Außenminister sich an diesem Freitag mit Amtskollegen aus London, Paris und Teheran sowie der EU-Außenbeauftragten treffen will. Große Bedeutung, heißt es in Berlin sofort, hat das nicht. Der CDU-Außenpolitiker Armin Laschet meint, »entscheidend« seien die USA. Die schlingern ähnlich. Aus dem Weißen Haus kommt zu einem möglichen US-Angriff auf den Iran »Ich kann es tun«, und »Ich werde es vielleicht nicht tun.« Von so etwas hängt ein Weltkrieg ab.

In scharfem Kontrast dazu stehen die ruhigen, aber entschiedenen Warnungen und Angebote zur Vermittlung aus Moskau und Beijing. Am Abend des 17. Juni veröffentlichte das russische Außenministerium eine Erklärung, in der Israel – nicht den USA – vorgeworfen wird, »die Welt in Richtung einer nuklearen Katastrophe« zu treiben. Xi Jinping forderte am Donnerstag im Telefonat mit Wladimir Putin »insbesondere Israel« auf, das Feuer einzustellen.

Das politische Personal des Westens hat aber insgesamt die Unberechenbarkeits- und Kriegsseuche. Sollten die Trump und Co. für diesmal »geheilt« werden, hat das mit der neuen Veränderung der Machtverhältnisse auf dem Globus zu tun. Mit solchen Figuren nur wenig.

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