Merz erhöht die Reichweite
Von Nico Popp
Die Bundesregierung weitet die Einsatzmöglichkeiten für aus Deutschland an die Ukraine gelieferte Waffensysteme aus. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) sagte am Montag bei einer Veranstaltung auf der Digitalkonferenz »re:publica« in Berlin, es gebe »keinerlei Reichweitenbeschränkungen mehr für Waffen, die an die Ukraine geliefert worden sind« – nicht von Briten, Franzosen und Amerikanern und auch nicht »von uns«. Die Ukraine könne nun auch militärische Stellungen in Russland angreifen. Das habe sie bislang nicht oder nur in »Ausnahmefällen« gekonnt. Auf dem X-Account des Bundeskanzlers hieß es am Montag nachmittag ebenfalls, dass Reichweitenbeschränkungen für aus Deutschland gelieferte Waffen entfallen.
Ukrainische Angriffe auf militärische Ziele in Russland erfolgen allerdings seit langer Zeit; im großen Stil war das beispielsweise im Zusammenhang mit dem Vorstoß ukrainischer Truppen in die russische Oblast Kursk im August 2024 der Fall. Im November 2024 gab es Berichte, denen zufolge Raketengeschosse aus US-Produktion und Marschflugkörper britischer Herkunft auf Ziele in Russland abgefeuert wurden.
Die deutschen Marschflugköprer vom Typ »Taurus«, die eine Reichweite von rund 500 Kilometern haben und deren Lieferung in immer neuen Kampagnen gefordert wird, erwähnte Merz am Montag nicht. Unmittelbar relevant dürfte die deutsche Aufhebung der Reichweitenbeschränkung für die gelieferten Artilleriesysteme sein, also insbesondere die Panzerhaubitze 2000 und den Mehrfachraketenwerfer »Mars II«. Davon wurden nach offiziellen Angaben 25 bzw. fünf Exemplare geliefert. Es ist unklar, wie viele davon noch einsatzfähig sind.
Am Montag wurde zudem bekannt, dass der ukrainische Präsident Wolodimir Selenskij am Mittwoch in Berlin erwartet wird. Selenskij darf sich nicht nur über die Aufhebung der Reichweitenbeschränkung freuen: Einmal in Fahrt, drohte Merz am Montag Ungarn und der Slowakei, dass man deren Zurückhaltung in Sachen Sanktionspolitik nicht weiter hinnehmen werde. Man werde einem Konflikt »nicht aus dem Wege gehen können, wenn es bei diesem Kurs bleibt«, sagte Merz.
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Leserbrief von Onlineabonnent/in Raimon B. aus Chemnitz (26. Mai 2025 um 21:22 Uhr)Merz handelt unverantwortlich. Deutschland hat nicht nur unfähige Regierungen, nunmehr greift der selbstzerstörerische Wahnsinn im Bundeskanzleramt um sich. Seine Machtposition in unverantwortlicher Weise ausnutzend, gibt Friedrich Merz den Kiewer Bandera-Verehrern die Befugnis zur beschränkungsfreien Nutzung deutscher Vernichtungswaffen gegen Russland. Wenige Tage im nach dem 80. Jahrestag der Befreiung vom Faschismus und dem Tag des Sieges über Hitler erklärt in selbstherrlicher Art und Weise der Bundeskanzler seine Entscheidung und forciert damit die Gefahr eines unkontrollierbaren kriegerischen Konflikts in Europa. Russland muss die Entscheidung von Merz, im Kontext mit der Stationierung der Bundeswehr in Litauen und der Kündigung des Landminenverbotes durch westliche Länder und der Staaten des Baltikums, als völlige Missachtung seiner elementaren Sicherheitsinteressen werten. Man muss den diplomatiefeindlichen und potenziellen Kriegspolitikern jetzt in den Arm fallen und jedweden Protest dagegen aktiv und lautstark unterstützen. Es geht um unser und unser Kinder sowie Enkel Leben! Raimon Brete, Matthias Schwander und Dietmar Lehmann Chemnitz
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Leserbrief von Onlineabonnent/in Joachim S. aus Schwedt (26. Mai 2025 um 20:13 Uhr)Friedrich Merz spielt mit nicht weniger als unser aller Leben, wenn er meint, sich mit einer Atommacht anlegen zu müssen. Er weiß das. Und es ist ihm trotzdem egal. In Deutschland gibt es niemanden, der ihm auf die Finger klopfen würde. Und das Verglühen im nuklearen Inferno dauert ja auch nur wenige Zehntelsekunden.
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