Boykott in Venezuela
Von Julieta Daza, Caracas
Rund 21 Millionen Venezolaner sind an diesem Sonntag aufgerufen, ihre Stimme bei den Regional- und Parlamentswahlen abzugeben. Zum Abschluss des Wahlkampfs gab es am Donnerstag in zahlreichen Städten Massenveranstaltungen. In der Hauptstadt Caracas hatte die regierende Vereinigte Sozialistische Partei zusammen mit weiteren Parteien, mit denen sie die Allianz »Gran Polo Patriótico Simón Bolívar« bildet, zu einer Mobilisierung aufgerufen. »Das Volk in seiner ganzen Vielfalt« sei bei der Veranstaltung vertreten gewesen, so der Künstler Alejandro Navas.
Die rechte Opposition ist derweil gegenüber den Wahlen uneins. Vorsitzende der Vereinten Demokratischen Plattform (PUD), eine der wichtigsten Oppositionsgruppierungen, wie María Corina Machado und Edmundo González, hatten die Bevölkerung zur Stimmenthaltung aufgerufen. Dem Wahlprozess fehle es an demokratischen Garantien und der nötigen Transparenz, hieß es in einer am Donnerstag veröffentlichten Stellungnahme der PUD. Sie »bekräftigten« statt dessen ihr »entschiedenes Engagement für die Verteidigung des am 28. Juli zum Ausdruck gebrachten Willens der Bürger«. Im vorigen Sommer war González als Präsidentschaftskandidat angetreten und unterlegen. Nachdem die Wahlbehörde Nicolás Maduro zum Gewinner und wiedergewählten Präsidenten Venezuelas erklärt hatte, warfen González und Machado der Regierung Wahlbetrug vor; ihnen zufolge hatte González die Wahl gewonnen. Dieser setzte sich später ins spanische Ausland ab. In Venezuela liegt seitdem ein Haftbefehl unter anderem wegen Verschwörung gegen ihn vor. Die ausgebliebene Veröffentlichung der Ergebnisse jedes Wahllokals begründeten die Wahlbehörde und die Regierung mit einer Hackerattacke auf die offizielle Website des Nationalen Wahlrats (CNE).
Im Gegensatz zur PUD will Oppositionspolitiker Henrique Capriles an der Wahl teilnehmen. Der ehemalige Gouverneur und zweifache Präsidentschaftskandidat der Rechten kandidiert für einen Sitz in der Nationalversammlung, was seinen Rauswurf aus der rechtslibertären Partei Gerechtigkeit zuerst (PJ) zur Folge hatte. Während Capriles seine Wahlbeteiligung damit begründet, dass er »die Stimme des venezolanischen Volkes am Leben erhalten« wolle, wirft die PJ ihm und weiteren Politikern, die sich zur Wahl stellen, vor, mit der Regierung verhandelt zu haben.
Doch auch von der traditionellen Kommunistischen Partei Venezuelas (PCV), die man als linke Opposition beschreiben könnte, gibt es Kritik am Wahlprozess. »Es sei daran erinnert, dass PCV sowie verschiedene Organisationen unterschiedlicher politischer Richtungen unter gerichtlicher Intervention stehen, die unsere Organisation sowie die revolutionären und volksnahen Kräfte insgesamt daran gehindert hat, dem venezolanischen Volk eine unabhängige Wahlmöglichkeit zu bieten«, hieß es unter Verweis auf die Einsetzung eines Ad-hoc-Vorstands durch die Regierung 2023, die faktisch zu einer Spaltung der PCV führte.
Neu ist, dass bei diesen Wahlen erstmals ein Gouverneur und einige Regionalabgeordnete für das Essequibo-Gebiet gewählt werden sollen. Die 160.000 Quadratkilometer große und erdölreiche Region ist seit über einem Jahrhundert Gegenstand eines Territorialstreits mit dem Nachbarland Guyana – der Fall wird vor dem Internationalen Gerichtshof verhandelt. Ende 2023 stimmte die Bevölkerung bei einem Referendum für die Anerkennung Essequibos als 24. Bundesstaat. Der guyanische Staatschef Irfaan Ali bezeichnete die Einbeziehung des Gebietes in die Wahlen als venezolanische »Propaganda«. Militärchef Omar Khan machte deutlich, dass eine Beteiligung als Hochverrat gewertet würde und Haftstrafen sowie Ausweisungen nach sich ziehen würde. Rund 100.000 der insgesamt 800.000 Guyaner haben venezolanische Wurzeln.
Innenminister Diosdado Cabello verkündete unterdessen, dass eine Verschwörung aufgedeckt worden sei. 38 Söldner, darunter 17 Ausländer und 21 Venezolaner, seien festgenommen worden – sie hätten das Land am Wahltag destabilisieren wollen. Unter anderem mit Sprengstoffanschlägen auf Botschaften, Krankenhäuser, Gesundheitszentren und Polizeikommandos sowie auf Regierungs- und Oppositionspolitiker, die an diesem Sonntag zur Wahl stehen.
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