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Aus: Ausgabe vom 24.05.2025, Seite 7 / Ausland
Europäische Union

Angriff auf Menschenrechte

EU-Staaten wollen Konvention zurechtstutzen
Von Mawuena Martens
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Grenzkontrollen mit Maschinenpistole sind wieder Normalität (Kiefersfelden, 15.5.2025)

Mit einem offenen Brief versuchen neun EU-Länder, das Recht auf Asyl weiter auszuhebeln: Die am Donnerstag auf Initiative von Dänemark und Italien veröffentlichte Schrift ist auch von Polen, Österreich, Belgien, Estland, Lettland, Litauen und Tschechien unterzeichnet worden. Im Grunde fordern die Staaten darin, die Europäische Menschenrechtskonvention über Bord zu werfen und die Macht des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) einzuschränken – betonen aber gleichzeitig, wie sehr ihnen »europäische Werte, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte« am Herzen lägen.

Konkret heißt es in dem Schriftstück: »Wir glauben, dass die Entwicklung der Auslegung des Gerichtshofs in einigen Fällen unsere Fähigkeit, politische Entscheidungen in unseren eigenen Demokratien zu treffen, eingeschränkt hat.« Es sei daher notwendig, zu untersuchen, ob der EGMR den Geltungsbereich der Konvention zu weit ausgedehnt habe und damit »das Gleichgewicht zwischen den zu schützenden Interessen verschoben hat«. Die Staaten fordern außerdem mehr Befugnisse, selbst über die Ausweisung und Überwachung von »kriminellen Ausländern« zu entscheiden. Und: »Wir müssen in der Lage sein, wirksame Schritte gegen feindliche Staaten zu unternehmen, die versuchen, unsere Werte und Rechte gegen uns einzusetzen. Zum Beispiel durch die Instrumentalisierung von Migranten an unseren Grenzen.« Gemeint ist die »hybride Kriegführung« Russlands mit Hilfe von Belarus.

Der Vorstoß dürfte der menschenrechtswidrigen EU-Abschottungspolitik weiteren Vorschub leisten. Schon im März brachte die Kommission eine »Verbesserung« ihrer »Rückführungsrichtlinie« ein, die den im kommenden Jahr in Kraft tretenden EU-Asylpakt komplementieren soll: mit schnelleren Abschiebungen und Aufnahmelagern an den EU-Außengrenzen.

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  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Heinrich H. aus Stadum (24. Mai 2025 um 19:20 Uhr)
    Die Utopie der Festung Europa ist die Dystopie. Die Abschottung ist ja keine neue Tendenz, sie liegt voll im Trend der westlichen Werte: Rassistische Diskriminierung bis hin zum Völkermord, Neokolonialismus – nicht nur im vorderen Orient und Säbelrasseln. Natürlich hat man dazugelernt. Im Gegensatz zur Kaiserzeit geht man dem politischen Gegner statt Zensur an den Kragen, also an die Existenzgrundlage. Im Kaiserreich wurde Zensur durch Beschlagnahme von Druckplatten ausgeübt, der Drucker konnte seine Pressen aber weiter zum Drucken benutzen. Kurz geasgt: Dumm geboren und ein wenig dazugelernt.

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