In chavistischer Tradition
Von Julieta Daza, Caracas
Vor 26 Jahren rief Venezuelas damaliger Präsident Hugo Chávez zu einem historischen Referendum auf. Die Mehrheit der venezolanischen Bevölkerung, allen voran die armen Massen, entschieden sich für eine Verfassunggebende Versammlung, aus der dann eine neue Verfassung entstand. Es war der Beginn der sogenannten Bolivarischen Revolution, die die Macht der Oligarchen und Großgrundbesitzer im Land brach. Der aktuelle Präsident Nicolás Maduro sieht sich als Nachfolger dieses Erbes.
Die Kommunalwahlen vom vergangenen Sonntag stehen jedenfalls klar in der chavistischen Tradition. Sie bringen den Versuch zum Ausdruck, eine direkte Demokratie unter Beteiligung der breiten Massen zu erreichen – und die Produktivität zu erhöhen – anstelle der bürgerlichen repräsentativen Demokratie. Ziele, denen verschiedene Hindernisse im Weg stehen: allen voran die US-Wirtschaftsblockade, aber auch die Abhängigkeit vom Ölexport sowie einige Eigenschaften des venezolanischen Staates.
Bei der sogenannten nationalen Volkswahl handelte es sich schon um die zweite dieser Art in diesem Jahr und um die vierte insgesamt, denn 2024 hatten bereits zwei dieser Wahlprozesse stattgefunden. Dabei stimmen organisierte Gemeinden über verschiedene soziale Projekte ab, die dann vom Staat finanziert werden. An den jüngsten Wahlen haben mehr als 5.000 Kommunen teilgenommen. Im 2010 beschlossenen Gesetz zu den Kommunen werden diese wie folgt definiert: Es handle sich um sozialistische Lebensräume, denen die Gemeinde durch gemeinsame Geschichte und Kultur sowie produktive Tätigkeiten verbunden ist und in denen Souveränität und politische Beteiligung ausgeübt werden.
Alle Menschen ab 15 Jahren, die einer der Kommunen angehören, konnten in den mehr als 5.000 Wahllokalen ihre Stimme für eines der vorher vorgeschlagenen Sozialprojekte abgeben. Landesweit seien insgesamt etwa 36.000 Initiativen vorgelegt worden. Die Zahlen stammen vom Vizepräsidenten des Nationalen Wahlrats. Die Projekte, über die bei den Kommunalwahlen abgestimmt wurde, umfassen meist Initiativen wie die Sanierung von Wohnungen und Gemeinderäumen, die Verbesserung der Wasser- und Stromversorgung oder die Errichtung von Bildungs- und Gesundheitszentren, Straßen sowie Sport- und Freizeitanlagen.
Mitte vergangener Woche hatte Maduro in einer über das Fernsehen und die sozialen Netzwerke live übertragenen Sendung zu den drei vorherigen Wahlen dieser Art Bilanz gezogen: Man habe bereits fast 14.000 Projekte mit etwa 148 Millionen US-Dollar finanziert. Für dieses Jahr stehen noch vier weitere solcher Kommunalwahlen an.
Während des Urnengangs am Sonntag gab Robert Longa, einer der führenden Mitglieder der »Sozialistischen Kommune Panal 2021« in der Hauptstadt Caracas, eine Stellungnahme gegenüber einigen Radiosendern ab. Darin sagte Longa, dass die Projekte, die bei den vorherigen Prozessen gewählt worden waren, rasch und unter Beteiligung der Gemeinde umgesetzt worden seien. Umständliche »bürokratische Prozesse« könne man durch solche Kommunalwahlen umgehen und somit die »bolivarische Demokratie vertiefen«, so Longa. Bei seiner Gemeinde handelt es sich um eine Kommune, in der ein großes politisches Bewusstsein besteht und die Beteiligung hoch ist. Das ist jedoch lange nicht überall der Fall. Doch auch dort, wo sich die Bevölkerung größtenteils nicht beteiligt, durfte diese mit abstimmen – solange die jeweilige Gemeinde als Kommune registriert ist und Sozialprojekte für diese vorgeschlagen wurden.
Hinter den »nationalen Volkswahlen« steht außerdem der Versuch, die aufgrund der wirtschaftlichen Zwangsmaßnahmen des US-Imperialismus gegen das südamerikanische Land knappen finanziellen Ressourcen direkt an die Basisgemeinden zu verteilen, so dass die Mittel gemäß ihren Interessen und Prioritäten investiert werden können. Dem Minister für Kommunen und soziale Bewegungen Ángel Prado zufolge sei vorgesehen, dass 70 Prozent des Staatshaushalts unter Beteiligung der Bevölkerung vergeben werden.
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