Kleinkind zurück in Venezuela
Von Volker Hermsdorf
Das Schicksal eines Kindes wirft ein Schlaglicht auf die Brutalität der US-Migrationspolitik. Nach der Rückkehr des zweijährigen Mädchens, das US-Behörden monatelang von den Eltern getrennt hatten, kündigte die venezolanische Regierung am Mittwoch (Ortszeit) den verstärkten Einsatz für die Freilassung aller Landsleute an, die aus den USA nach El Salvador deportiert wurden. Caracas und Menschenrechtsorganisationen hatten die US-Regierung wiederholt aufgefordert, das Kind in ihr Land zurückzubringen. Am Mittwoch nachmittag landete Maikelys Espinoza Bernal zusammen mit 226 anderen Migranten an Bord eines Rückführungsfluges in Venezuela. »Ich hoffe, dass wir sehr bald auch den Vater von Maikelys und die 253 Venezolaner, die sich noch in El Salvador befinden, retten können«, erklärte Präsident Nicolás Maduro bei deren Ankunft.
Für Maikelys Eltern zerbrach der Traum schon bei der Ankunft in die USA, nachdem sie im Frühjahr 2024 die mexikanische Grenze überquert hatten. Als sie sich freiwillig bei den US-Behörden meldeten, wurden sie von ihrem Baby getrennt und in Abschiebehaft genommen. Trotz wiederholter Nachfragen erteilten die zuständigen Stellen den Eltern monatelang keine Auskunft über den Aufenthaltsort ihrer Tochter. Erst später teilten sie mit, dass das Kind seit Mai 2024 von der US-Behörde für Flüchtlingshilfe (Office of Refugee Resettlement) betreut werde. Im März 2025 wurde Maiker Espinoza, der Vater von Maikelys, dann in das berüchtigte Cecot-Gefängnis in El Salvador abgeschoben, ein Hochsicherheitskomplex, in dem laut Beobachtern menschenverachtende Zustände herrschen.
Während das US-Heimatschutzministerium Espinoza – ohne Beweise vorzulegen – Mitgliedschaft in der Bande »Tren de Aragua« und die Beteiligung an Morden, Drogenhandel, Entführungen, Folter und Menschenhandel vorwarf, wies die Familie alle Anschuldigungen entschieden zurück. »Mein Sohn war zu keinem Zeitpunkt in solche Dinge verwickelt«, sagte seine Mutter der Agentur Reuters. »Ich denke, das ist politisch motiviert – sie benutzen den Fall meines Sohnes, um die Grausamkeiten der US-Behörden zu verschleiern, die an all diesen Unschuldigen begangen werden«, fügte sie hinzu. Auch Maikelys’ Mutter Yorely Bernal, wurde von dem Ministerium beschuldigt, Frauen für Drogenschmuggel und sexuelle Dienstleistungen angeworben zu haben – ebenfalls ohne Beweise. Die Angehörigen wiesen die Vorwürfe zurück. Im April wurde die junge Frau nach Venezuela abgeschoben und forderte – unterstützt von der dortigen Regierung – erneut die Rückgabe ihrer Tochter.
Die Regierung in Caracas warf den USA vor, das Kind »entführt« zu haben. »Ich verspreche euch: Wir werden das Mädchen zurückholen und ihrer Mutter übergeben«, sagte Präsident Nicolás Maduro Anfang Mai in einer im staatlichen Fernsehen übertragenen Rede. Am Dienstag warf er dem UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Volker Türk, vor, die Situation des Kleinkindes in den USA »feige zu verschweigen«, nachdem das von Türk geleitete UN-Gremium »Besorgnis über Haftbedingungen« in Venezuela und die Festnahme von »Aktivisten« geäußert hatte. Zugleich bekräftigte Maduro die Forderung nach Rückführung aller »253 venezolanischen Patrioten«, die unter ähnlich fragwürdigen Umständen in El Salvador eingekerkert seien. »Glaubt nicht an falsche Vaterländer oder Illusionen vom amerikanischen Traum«, warnte er seine Landsleute. Venezuela sei trotz Krise ein Ort, »wo wir gemeinsam lösen, was das Imperium zerstört«.
Währenddessen spekulieren Beobachter, ob die Freilassung des Kindes Teil eines diplomatischen »Deals« gewesen sein könnte. Auffällig sei die zeitliche Nähe zur Ausreise mehrerer venezolanischer Oppositioneller aus der argentinischen Botschaft in Caracas am 6. Mai. Auch eine unerwartet freundliche Geste Maduros gegenüber seinem US-Amtskollegen wirkt erstaunlich. »Wir danken Präsident Donald Trump, der derzeit in den arabischen Ländern weilt, dass dieser Akt der Gerechtigkeit und der Menschlichkeit möglich wurde«, sagte Maduro am Mittwoch nach der Rückkehr des Mädchens.
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