Mit Gewalt und X
Von Christian Selz, Kapstadt
Als Yoweri Museveni im Januar 1986 in Uganda an die Macht kam, gab es in Ostdeutschland noch gesicherte Kinderbetreuung und Krankenversorgung. Seitdem hat sich einiges verändert auf der Welt, Museveni aber strebt im kommenden Jahr einmal mehr eine weitere Amtszeit an. Im Januar will er dazu Wahlen abhalten lassen, um zumindest einen Anschein von Legitimität zu erwecken. Da sein Regime als treuer Verbündeter des Westens gilt, braucht er die allerdings gar nicht – eine Tatsache, derer sich sein Sohn Muhoozi Kainerugaba vollends bewusst zu sein scheint.
Der Junior fungiert seit 2024 auf Geheiß des Seniors als Oberbefehlshaber der Streitkräfte. Regionale Berühmtheit hat er vor allem durch das Ausstoßen von Internetkurzbotschaften erlangt, in denen er wahlweise dem Oppositionsführer mit Enthauptung oder dem Nachbarland Kenia mit Einmarsch droht. Zumindest in letzterem Fall musste Vati kurz besänftigend intervenieren, ansonsten genießt der designierte Thronfolger Narrenfreiheit. So auch, als er kürzlich auf X damit prahlte, den Chefleibwächter des bekanntesten Oppositionskandidaten Bobi Wine »wie einen Grashüpfer gefangen« zu haben und in seinem Keller zu foltern – inklusive bildlicher Zurschaustellung des Gefangenen mit geschorenem Kopf. Folgen: keine, zumindest nicht für Kainerugaba. Sein Opfer Edward Sebuufu, bekannter unter dem Alias Eddie Mutwe, hingegen wurde schließlich mit deutlich sichtbaren Foltermalen vor Gericht gestellt, wegen angeblichen Raubes angeklagt und offiziell in Untersuchungshaft überführt.
Wine, ein ehemaliger Sänger, der bürgerlich eigentlich Robert Kyagulanyi heißt, kündigte am vergangenen Freitag dennoch seine neuerliche Kandidatur an. Auch er wurde vom Regime bereits mehrfach inhaftiert, insbesondere rund um die vergangenen Wahlen 2021. Ebenso wie Museveni gilt er als prowestlich, sein Programm zielt vor allem auf die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit durch die Eindämmung von Korruption und das Anwerben internationaler Investoren. Das hinderte ihn am Freitag jedoch nicht, Doppelmoral zu kritisieren: »Einige Führer im Westen sind mitschuldig an unserem Leiden. Sie sind hier, um ihre Geschäfte zu machen, und kümmern sich nicht um Menschenrechte«, prangerte er an. »Wenn sie für die Werte einstehen würden, die sie vorgeben zu haben, dann würden sie die schweren Menschenrechtsverletzungen hier verurteilen.«
Selbiges passiert maximal in vorsichtigen verbalen Noten. Museweni hat sich – in dem Punkt ähnelt er seinem Amtskollegen Paul Kagame im benachbarten Ruanda – weitgehend unverzichtbar gemacht. Einerseits stellt Uganda Truppen für internationale Kriegseinsätze – etwa in Somalia –, mit deren Abzug der Staatschef immer dann kokettiert, wenn seine westlichen Finanziers mit Liebes- und/oder Geldentzug drohen. Zudem hat auch Uganda Einfluss auf Milizen im Osten der Demokratischen Republik Kongo, an den das Land ebenfalls angrenzt. Die Ausbeutung der dortigen Rohstoffe ist für die Elektronik- und Kriegsgeräteproduktion von hoher Bedeutung.
Vor dem Hintergrund dieser geopolitischen Position ist es dann auch zu verstehen, dass Ugandas Verteidigungsminister Jacob Marksons Oboth am Dienstag einen Gesetzentwurf im Parlament einbrachte, der die Verurteilung von Zivilisten durch Militärgerichte ermöglichen soll. Das Vorhaben folgt auf ein Urteil des Verfassungsgerichts, durch das die Regierung im Januar gezwungen wurde, den Prozess gegen den zweitwichtigsten Oppositionspolitiker des Landes, Kizza Besigye, von einem Militärgericht an ein ziviles Gericht zu überstellen. Besigye war im November vergangenen Jahres aus der kenianischen Hauptstadt Nairobi verschleppt worden. Ihm wird Hochverrat vorgeworfen.
Zusammengenommen deuten die Entwicklungen darauf hin, dass Präsidentensohn Kainerugaba sich seiner geringen Beliebtheit in der Bevölkerung sehr wohl bewusst ist. Im Prozess der Machtübernahme von seinem inzwischen 80jährigen und zunehmend gebrechlichen Vater versucht er sich daher weniger auf scheindemokratische Maßnahmen als vielmehr auf den Rückhalt des ihm unterstehenden Militärs zu stützen. Dazu passen auch seine Posts – der Sohn des Langzeitherrschers versucht gar nicht mit Überzeugung zu regieren, er will durch Gewalt und Einschüchterung herrschen.
links & bündig gegen rechte Bünde
Jetzt den kostenlosen jW-Newsletter abonnieren – täglich das Beste aus der Tageszeitung junge Welt, direkt in Ihr Postfach. Ihre E-Mail-Adresse wird natürlich niemals an Dritte weitergegeben.
Ähnliche:
- Thomas Mukoya/REUTERS06.05.2025
Am Knotenpunkt Ostafrikas
- Ben Curtis/AP/dpa31.03.2025
An der Schwelle zum Krieg
- Kris Pannecoucke/Hollandse Hoogte/imago28.08.2024
Der Treibstoff des Krieges
Mehr aus: Ausland
-
Tauziehen um Gespräche
vom 16.05.2025 -
Kleinkind zurück in Venezuela
vom 16.05.2025 -
Nächster Zankapfel Belutschistan
vom 16.05.2025 -
Mehr Kriege, weniger Geld
vom 16.05.2025