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Aus: Ausgabe vom 13.05.2024, Seite 6 / Ausland
Vereinte Nationen

143 zu neun für Palästina

UN-Vollversammlung unterstützt Vollmitgliedschaft des schon von 139 Ländern anerkannten Staates. Gaststatus wird aufgewertet
Von Knut Mellenthin
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Kämpferisch in die Zukunft: Der palästinensische UN-Botschafter Riad Mansur am Freitag in New York

Die Staaten der Welt unterstützen mit großer Mehrheit die Aufnahme Palästinas als Vollmitglied der Vereinten Nationen. Das wurde am Freitag (Ortszeit) durch eine Resolution der UN-Vollversammlung bestätigt. Von den 193 Mitgliedern sprachen sich 143 für eine entsprechende Resolution aus, die von den Vereinigten Arabischen Emiraten eingebracht worden war. Palästina hat bisher nur Gaststatus und konnte den Antrag deshalb nicht selbst stellen. 25 Länder, darunter die BRD, enthielten sich. Es gab nur neun Gegenstimmen. Sie kamen von Israel, den USA, Argentinien – das seit Dezember 2023 einen extrem prozionistischen Präsidenten hat –, von Ungarn, der Tschechischen Republik, von Papua-Neuguinea sowie von Nauru, Mikronesien und Palau im Pazifik. 14 EU-Staaten stimmten trotz des Drucks aus Washington und Berlin für die Resolution.

Dieser Teil der Resolution ist zwar für die Zionisten schmerzlich, weil er erneut die Aufmerksamkeit darauf lenkt, wie sehr sie mit ihrer Weigerung, einen palästinensischen Staat zuzulassen, allein stehen. Aber er hat keine rechtliche Wirkung. Um Palästinas Weg zur vollen Mitgliedschaft zu öffnen, müsste zunächst der UN-Sicherheitsrat eine entsprechende Empfehlung beschließen. Das hat die US-Regierung zuletzt im April mit ihrem Veto verhindert. Sie hatte schon vor der Abstimmung angekündigt, dass sie auch künftig an ihrer Blockadehaltung festhalten wird.

Die USA und die BRD begründen ihre Haltung mit der Forderung, dass ein palästinensischer Staat nicht »einseitig« gegründet werden dürfe, sondern nur als »letzte Stufe« von direkten Verhandlungen Israels mit der palästinensischen Nationalbehörde in Ramallah. Die relevanten israelischen Parteien, mit Ausnahme der arabischen, lehnen aber die Gründung eines unabhängigen palästinensischen Staates im besetzten Westjordanland und dem Gazastreifen ab. Die USA und Deutschland – viele weitere Staaten mit dieser destruktiven Position gibt es inzwischen nicht mehr – unterstützen damit praktisch ein ewiges Vetorecht Israels.

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Für Israel alles Humbug: Internationale Institutionen und Verträge wie die UN-Charta, die vom UN-Botschafter Gilad Erdan am Freitag in New York geschreddert wird

Die UN-Resolution enthält aber auch eine Aufwertung von Palästinas Gaststatus in der UNO, die im September förmlich in Kraft treten wird. Die palästinensische Vertretung bei den Vereinten Nationen darf dann unter anderem: Erklärungen im Namen einer Gruppe von Mitgliedern abgeben; Anträge und Ergänzungen im eigenen Namen oder gemeinsam mit anderen einbringen; Vorschläge für die Tagesordnung von regulären und Sondersitzungen der Vollversammlungen machen; an UN-Konferenzen und anderen internationalen Konferenzen und Treffen teilnehmen, die von der Vollversammlung oder anderen UN-Organen veranstaltet werden. Außerdem haben Mitglieder der palästinensischen Delegation dann das Recht, für Funktionen in der Vollversammlung und deren Ausschüssen gewählt zu werden.

Israel, das der UNO – ebenso wie praktisch auch allen anderen internationalen Zusammenschlüssen und Institutionen – die Legitimität abspricht, reagierte mit den üblichen Beschimpfungen und Unterstellungen. Die Botschaft der Vereinten Nationen »an unsere leidende Region« sei, »dass sich Gewalt auszahlt«, heißt es in einer Stellungnahme des Außenministeriums, »eine Belohnung für die Hamas-Terroristen« und »Rückenwind für Hamas« in den Verhandlungen über einen Gefangenenaustausch.

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  • Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (13. Mai 2024 um 10:43 Uhr)
    Der Kampf um Palästina erstreckt sich über drei Ebenen: aktuell an der Frontlinie, in den Medien und nicht zuletzt im Hintergrund auf wirtschaftlicher Ebene. In den Medien verfolgen wir hautnah, welche »großartigen« Pläne Israel schmiedet, welche Ziele es verfolgt und was es tagtäglich unternimmt. Doch festzustellen ist auch, dass Israel bisher seine Ziele nicht erreicht hat und sein Ansehen in der Welt deutlich gelitten hat. Heutzutage sind arabische und muslimische Länder ebenfalls in der Lage, ihre eigenen Narrativen zu verbreiten, unabhängig davon, ob sie der Realität entsprechen oder nicht. Früher genoss der Westen ein weit überproportionales Monopol in den Medien, doch die Zeiten haben sich drastisch verändert. Wirtschaftlich betrachtet ist offensichtlich, dass Kriege eine Gesellschaft in jeglicher Hinsicht, insbesondere aber wirtschaftlich, enorm belasten. Dass ein kleines Land wie Israel Hunderttausende seiner Bürger in der Armee unterhalten muss, hinterlässt unweigerlich nachteilige Spuren. Wenn Israel fortbestehen will, muss es ernsthaft über einen dauerhaften Frieden mit seinen Nachbarn nachdenken. Es reicht nicht mehr aus, alle Kriege zu gewinnen, denn Frieden ist mehr als nur die Abwesenheit von Kriegen, den Frieden bedeutet Sicherheit, Stabilität und Zukunft!

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