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Aus: Ausgabe vom 07.03.2024, Seite 11 / Feuilleton
Film

Schöne Fehler, verdeckte Talente

Zum Tod des Schauspielers, Regisseurs und Autors Jan Bereska
Von F.-B. Habel
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Als er im Jahre 1967 die Hauptrollen in seinem Gegenwartsfilm »Leben zu zweit« besetzte, bewies Regisseur Herrmann Zschoche einen guten Blick. Das junge Paar spielten die schon aus zwei anderen Filmen erprobte Evelyn Opoczynski und der noch unbekannte, aber begabte Jan Bereska. Der damals 16jährige brachte eine jugendliche Ursprünglichkeit ebenso mit wie seine noch von Unsicherheit geprägte Sensibilität. Zschoche begleitete Bereskas Entwicklung in den folgenden Jahren, ließ ihn als seinen Assistenten das Regiehandwerk ausprobieren, gab ihm kleine Rollen und noch einmal eine Hauptrolle neben der Opoczynski in dem zum Kultfilm avancierten Jugendfilm »Sieben Sommersprossen« (1978) – beide diesmal als erwachsenes Paar unter Teenagern.

Damals war Jan Bereska mit Roland Gräfs Regiedebüt »Mein lieber Robinson« (1970/71) bereits zum »Mädchenschwarm« geworden, erhielt aber auch von der Kritik viel Anerkennung für seine lebensechte Darstellung eines jungen Krankenwagenfahrers beim Rettungsdienst. Dabei hatte es Gräf Mühe gekostet, seine Besetzung durchzusetzen, denn Bereska war als politisch aufmüpfiger Jugendlicher aufgefallen und hatte schon eine zweiwöchige Haft wegen »Zusammenrottung« hinter sich.

Obwohl er es in zwölf Jahren auf rund ein Dutzend Film- und Fernsehrollen brachte, war Schauspieler keineswegs sein Traumberuf. Der Sohn des Autors und literarischen Übersetzers Henryk Bereska begann früh, selbst Gedichte zu schreiben und nahm 1974 an der Babelsberger Filmhochschule ein Regiestudium auf. Seine Studentenfilme verraten ein großes Talent, aber nach Studienabschluss blieb er weiterhin Regieassistent, bis er Autorenverträge bei Defa und DFF erhielt.

Ab 1990 engagierte er sich dafür, kulturelle Errungenschaften der DDR (ohne die Verhältnisse schönzureden) in das nun größere Deutschland einfließen zu lassen, beteiligte sich an der Gründung von Vereinen wie den Förderband e. V., arbeitete in einer Medienwerkstatt mit jungen Leuten, drehte nichtkommerzielle Filme, beteiligte sich an Theaterprojekten und konnte endlich auch seine Gedichte veröffentlichen, die sich durch Hellsicht und Sensibilität auszeichneten und denen große Verbreitung zu wünschen wäre. Mit Ende 60 resümierte er: »Früher dachte ich / ich wäre fehlerfrei / Doch heute weiß ich / dass meine Fehler / das Beste an mir waren«.

Bereska lebte hauptsächlich in der Uckermark und ist am 20. Februar im Alter von 72 Jahren gestorben.

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