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Aus: Ausgabe vom 11.09.2023, Seite 10 / Feuilleton
Filmfestival Venedig

Arme Sachen

Mit dem Film »Poor Things« hat der griechische Regisseur Giorgos ­Lanthimos den Goldenen Löwen des Filmfestivals Venedig gewonnen. Das gab die Jury am Samstag abend bekannt. »Poor Things« ist eine experimentelle Variation der Frankenstein-Geschichte mit der US-Schauspielerin Emma Stone in der Hauptrolle. Weitere Rollen sind mit Willem Dafoe und Mark Ruffalo besetzt.

Andere wichtige Preise der Filmfestspiele gingen an die US-Amerikanerin Cailee Spaeny für ihre Rolle in »Priscilla« (beste Schauspielerin), den US-Amerikaner Peter Sarsgaard für seinen Part in »Memory« (bester Schauspieler) sowie den japanischen Regisseur Hamaguchi Ryusuke, der für seinen Film »Evil Does Not Exist« (japanisch: »Aku wa sonzai shinai«) den Großen Preis der Jury erhielt.

Das Festival zeichnete auch zwei sehr politische Filme aus: Der italienische Regisseur Matteo Garrone gewann für das Drama »Io capitano« über zwei Migranten aus dem westafrikanischen Senegal den Silbernen Löwen für die beste Regie. Und die polnische Regisseurin Agnieszka Holland erhielt den Spezialpreis der Jury für ihren Film »Zielona Granica«. Das Drama erzählt von Migranten an der polnisch-belarussischen Grenze.

»Ich glaube, wir waren alle beeindruckt von der Bandbreite der Filme, und wir waren auch beeindruckt von der Bandbreite der Reaktionen«, sagte Jurypräsident Damien Chazelle nach der Verleihung. »Was ich wirklich aus dieser Erfahrung mitgenommen habe, abgesehen davon, dass ich das Glück hatte, diese Filme zu sehen (…) war, wie leidenschaftlich, unterschiedlich und manchmal sogar heftig die Diskussionen und Debatten sein konnten, die durch diese Filme angeregt wurden.«

»Poor Things« basiert auf einem Roman von Alasdair Gray. Der Film spielt im viktorianischen Zeitalter, hat aber gleichzeitig surrealistische Elemente. Das zeigt sich in phantasievollen Kostümen ebenso wie in den Kulissen. Teils ist die Optik verzerrt, etwa durch extreme Weitwinkel oder eine Fisheye-Linse.

Stone kam wegen des Streiks der US-amerikanischen Schauspielergewerkschaft nicht zur Feier von »Poor Things« nach Venedig. Auch Sarsgaard sprach in seiner Dankesrede den Streik an. »Ich denke, wir können uns alle darauf einigen, dass ein Schauspieler ein Mensch ist und ein Schriftsteller ein Mensch – oder anscheinend können wir das nicht«, sagte er in Anspielung auf die Gefahren, die Schauspieler und Drehbuchautoren darin sehen, dass »künstliche Intelligenz« immer mehr von ihrer Arbeit übernimmt. (dpa/jW)

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