Krumme Dinger und Kanonen
Von Volker HermsdorfIn einem Streit mit Ecuador setzt Russland auf die Macht der Banane. Als Reaktion auf einen Deal zwischen dem rechten Präsidenten des südamerikanischen Landes, Daniel Noboa, und der US-Regierung hat Moskau jetzt den Import von Bananen aus Ecuador eingestellt. Auf Druck der USA hatte der Sprössling einer der reichsten Familien des Landes, die über Bananenexporte ein Milliardenvermögen anhäufte, am 10. Januar zugestimmt, russische Militärausrüstung gegen moderne US-Waffen einzutauschen. Das von Russland an die ecuadorianischen Streitkräfte gelieferte Gerät will Washington mit Zustimmung Noboas dem Regime in der Ukraine übergeben. Das aber, so die Moskauer Behörde für militärisch-technische Zusammenarbeit, verstößt gegen ein Abkommen zwischen beiden Ländern, nach dem die Weitergabe von Militärgütern an Dritte ohne vorherige schriftliche Zustimmung Russlands nicht zulässig ist.
Der durch den Handel mit der Biden-Regierung provozierte Bananenboykott trifft das von dem Terror von Narcogangs und einer tiefen Staatskrise gebeutelte Land hart. Wie russische Medien berichten, stammen bisher neun von zehn importierten Bananen aus Ecuador. Als viertgrößter Erzeuger der Welt lieferte das Andenland bislang 20 bis 25 Prozent seiner jährlichen Bananenexporte nach Russland. Damit ist nun Schluss. Die russischen Verbraucher werden die Folgen vermutlich weniger zu spüren bekommen als die davon betroffenen großen Exporteure in Ecuador. Laut der russischen Nachrichtenagentur TASS will Russland künftig Bananen vor allem aus Indien sowie aus China, Südkorea, Ägypten und Thailand beziehen. Offiziell wurde der Boykott damit begründet, dass die Aufsichtsbehörden in Lieferungen verstärkten Schädlingsbefall festgestellt hätten. Laut der argentinischen Agentur Telám will der russische Gesundheitsschutz die Maßnahme ab dem 9. Februar aber auch auf Pflanzen aus Ecuador anwenden. Als einer der weltweit größten Blumenproduzenten verkaufte das Land rund 15 Prozent seiner entsprechenden Ausfuhren nach Russland. Tatsächlicher Grund für den Importstopp dürfte also nicht der Befall mit Buckelfliegen, sondern das Einknicken Noboas vor dem US-Diktat sein.
Dafür spricht auch die Reaktion der Sprecherin des russischen Außenministeriums, Marija Sacharowa. Sie bezeichnete die »auf starken Druck von außen« zurückzuführende Entscheidung Quitos als übereilt. »Unsere ecuadorianischen Partner sind sich der Vertragsklauseln sehr wohl bewusst, einschließlich der Verpflichtung, die gelieferten Güter für die erklärten Zwecke zu verwenden und sie nicht ohne die Zustimmung der russischen Seite an Dritte weiterzugeben«, sagte Sacharowa. Der in den USA geborene Noboa behauptete daraufhin trotzig, sein Land habe das Recht, die Waffen, bei denen »es sich lediglich um Schrott handelt«, weiterzugeben. Er versicherte, die gegenüber den US-Militärs gemachte Zusage »in jedem Fall« einzuhalten. Zufrieden darüber ist vor allem die Oberbefehlshaberin des Südkommandos der Streitkräfte der Vereinigten Staaten (Southcom), Laura Richardson. Die Generalin hatte bereits im Januar 2023 erklärt, dass Venezuela, Kuba, Nicaragua und sechs weitere lateinamerikanische Länder Waffen aus russischer Produktion besäßen und die US-Regierung bereit sei, das russischen Militärgerät gegen US-Waffen einzutauschen, wenn die genannten Länder zustimmten, sie an die Ukraine zu liefern.
Ende Januar nahm Laura Richardson als Mitglied einer US-Militärdelegation unter Leitung von Bidens Sonderberater Christopher Dodd dann in Quito an Gesprächen mit Daniel Noboa und einigen Mitgliedern seines Kabinetts teil. Das Ergebnis stellte die Southcom-Chefin zufrieden. Neben mehr Militärpräsenz in Ecuador wurden ihr auch noch die Lieferung russischer Waffen an Kiew bestätigt. Letzteres hat für den Krieg mit Russland zwar eher symbolische Bedeutung, ist aber im Hinblick auf das – im Gegensatz zu den mehrheitlich selbstbewussten lateinamerikanischen Regierungen – devoten Verhalten Noboas ein Erfolg für Washingtons Strategie zur Rückeroberung des einstigen »Hinterhofs«.
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