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Aus: Ausgabe vom 13.08.2019, Seite 11 / Feuilleton

Schriften aus dem Gefängnis

Ein kurdischer Flüchtling, der seit Jahren auf einer abgelegenen Pazifikinsel ausharren muss, hat in Australien für seine Memoiren den »Nationalen Biographiepreis« gewonnen. Der iranische Kurde Behrouz Boochani erhielt den mit 25.000 australischen Dollar (rund 15.000 Euro) dotierten Literaturpreis für »No Friend But the Mountains. Writing from Manus Prison» (in etwa: Kein Freund außer den Bergen. Texte aus dem Manus-Gefängnis), wie die Organisatoren am Montag in Sydney mitteilten. Die Auszeichnung wird jedes Jahr von der Staatsbibliothek im Bundesstaat Neusüdwales vergeben. Die Juroren lobten den poetischen, epischen Stil des Buchs, nannten es »hochgradig bedeutend« und »ein erstaunliches Zeugnis der lebensrettenden Kraft des Schreibens als Widerstand«.

Boochani konnte den Preis nicht selbst entgegennehmen. Er lebt seit 2013 auf der Insel Manus, die er nicht verlassen darf. In dem Buch schildert er seine Flucht als Verfolgter aus dem Iran über Indonesien auf die australische Weihnachtsinsel sowie seine Gefangenschaft auf der Insel Manus. Er beschreibt Grausamkeit, Erniedrigung und ständige Überwachung in seiner Unterkunft. Verfasst hat er das Werk mittels SMS-Nachrichten, die er aus Manus an Helfer in Australien schickte. Es wurde von Omid Tofighian aus der persischen Sprache ins Englische übersetzt und in diesem Jahr bereits mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Literaturpreis des Bundesstaats Victoria.

Die Insel Manus gehört zu Australiens Nachbarland Papua-Neuguinea. Australien bringt dort seit 2013 Asylsuchende aus verschiedenen Staaten unter, die mit Booten erfolglos versucht hatten, ins Land zu kommen. Die Bedingungen auf Manus werden von Ärzten und Flüchtlingshelfern als menschenrechtswidrig angeprangert. (dpa/jW)

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