Leserbrief zum Artikel Fakten gegen Panikmache: Kleines Corona-Kompendium
vom 19.04.2020:
Umgang mit Zahlen
So schwierig ist der Umgang mit Statistiken eigentlich nicht. Es erfordert aber Ehrlichkeit in der Darstellung dessen, was man weiß, mit welcher Genauigkeit, und was man vielleicht nicht weiß. Der Umgang mit disjunkten Daten ist in vielen wissenschaftlichen Bereichen, z. B. der Physik, oftmals eher die Regel als die Ausnahme. Dafür gibt es das Instrumentarium des Fehlerbalkens bzw. des Konfidenzintervals.
Die Dunkelziffer (bzw. Untererfassung) Infizierter ist stark länderabhängig. Gemäß einer Studie der Universität Göttingen lag die Untererfassung am 30.3.2020 in Deutschland bei einem Faktor von etwas unter 4. Das Robert-Koch-Institut nennt hier unterschiedliche Intervalle, einmal 4,5–11,1, ein anderes Mal 11-20. Der von Ihnen genannte Faktor 10 ist eine Schätzung, welche um einiges falsch sein kann und zu entsprechend bestenfalls geschätzten Werten für die Letalität führt. Fragen, welche Leben oder Tod bedeuten können, mit Schätzungen zu beantworten, halte ich für fahrlässig.
Die tatsächliche Letalität von Corona kenne ich genausowenig wie sonst irgend jemand. Man kann aufgrund der verschiedenen Studien aber doch ein (relativ breites) Intervall angeben. Diesem Wissensstand wird das »Corona-Kompendium« aber leider nicht gerecht. Der einzige Wert, welcher im »Corona-Kompendium« für die Letalität genannt wird, sind die 0,37 Prozent aus der Heinsberg-Studie. Wie schon gesagt, liegt dieser Wert im unteren Bereich publizierter Werte und hat eine hohe statistische Unsicherheit, welche die Autoren leider nicht angeben. Dieser Umstand hat zu sehr berechtigter Kritik an dieser Studie geführt.
Vollends schief wird die Aussage, wenn diese (niedrige) Heinsberg-Letalität mit der (hohen) Grippe-Letalität im Winter 2017 (die Wintergrippe 2017 war die tödlichste der letzten 30 Jahre) verglichen wird. Hier wird das »Corona-Kompendium« durch die Zusammenstellung dieser beiden Zahlen leider geradezu unredlich. Wie Sie ja sicher wissen, behaupten sowohl rechte Gruppierungen als auch »alternative Medien« wie KenFM immer wieder, Corona sei nicht gefährlicher als eine Grippe. Durch Ihre Zahlenauswahl stützen Sie leider diese Behauptung.
Ansonsten ist das »Corona-Kompendium« ja sehr gut gemacht. Es wäre wünschenswert, wenn es das an dieser zentralen Stelle auch wäre.
Die Dunkelziffer (bzw. Untererfassung) Infizierter ist stark länderabhängig. Gemäß einer Studie der Universität Göttingen lag die Untererfassung am 30.3.2020 in Deutschland bei einem Faktor von etwas unter 4. Das Robert-Koch-Institut nennt hier unterschiedliche Intervalle, einmal 4,5–11,1, ein anderes Mal 11-20. Der von Ihnen genannte Faktor 10 ist eine Schätzung, welche um einiges falsch sein kann und zu entsprechend bestenfalls geschätzten Werten für die Letalität führt. Fragen, welche Leben oder Tod bedeuten können, mit Schätzungen zu beantworten, halte ich für fahrlässig.
Die tatsächliche Letalität von Corona kenne ich genausowenig wie sonst irgend jemand. Man kann aufgrund der verschiedenen Studien aber doch ein (relativ breites) Intervall angeben. Diesem Wissensstand wird das »Corona-Kompendium« aber leider nicht gerecht. Der einzige Wert, welcher im »Corona-Kompendium« für die Letalität genannt wird, sind die 0,37 Prozent aus der Heinsberg-Studie. Wie schon gesagt, liegt dieser Wert im unteren Bereich publizierter Werte und hat eine hohe statistische Unsicherheit, welche die Autoren leider nicht angeben. Dieser Umstand hat zu sehr berechtigter Kritik an dieser Studie geführt.
Vollends schief wird die Aussage, wenn diese (niedrige) Heinsberg-Letalität mit der (hohen) Grippe-Letalität im Winter 2017 (die Wintergrippe 2017 war die tödlichste der letzten 30 Jahre) verglichen wird. Hier wird das »Corona-Kompendium« durch die Zusammenstellung dieser beiden Zahlen leider geradezu unredlich. Wie Sie ja sicher wissen, behaupten sowohl rechte Gruppierungen als auch »alternative Medien« wie KenFM immer wieder, Corona sei nicht gefährlicher als eine Grippe. Durch Ihre Zahlenauswahl stützen Sie leider diese Behauptung.
Ansonsten ist das »Corona-Kompendium« ja sehr gut gemacht. Es wäre wünschenswert, wenn es das an dieser zentralen Stelle auch wäre.
Veröffentlicht in der jungen Welt am 13.05.2020.