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Leserbrief zum Artikel Sanktionsregime: 15 Jahre Verfassungsbruch vom 06.11.2019:

Mit zynischer Klarheit

Das BVerfG stellt mit dem Urteil vom Dienstag eines klar: Auch im sozialstaatlich betreuten Kapitalismus steht die menschliche Existenz unter einem grundsätzlichen Vorbehalt. Sie (die menschliche Existenz) hat sich nützlich zu machen für die Vermehrung privaten Reichtums und dessen politischer Verwaltung. Menschliche Existenz ist demnach keinesfalls bedingungslos. Und diese Bedingungen werden unverändert durch den herrschenden Materialismus tagtäglich praktisch erzwungen. Ob nun als freie Lohnarbeit oder mit direkter staatlicher Zwangsbewirtschaftung durch Hartz IV. So oder so: Ein bekömmliches Leben ohne viel Arbeit für alle ist in der sozialen Marktwirtschaft und deren sozialstaatlicher Betreuung nicht vorgesehen. Insoweit gibt es für linke Kapitalismuskritiker an diesem Urteil nichts falsch zu verstehen. Das BVerfG definiert mit zynischer Klarheit: Das hiesige Existenzminimum ist letztendlich mit 296,80 EUR (424 EUR Regelsatz für Alleinstehende abzüglich der nun verfassungsrechtlich abgesegneten Kürzung in Höhe von 30 Prozent bei Hartz-IV-Regelverstößen etc.) allemal menschenwürdig definiert und der Sache sehr wohl angemessen. Der obige Vorbehalt bleibt vorausgesetzt. Die dazugehörigen Drangsale inklusive. Das lässt für die Zukunft nichts Gutes erwarten. Die kapitalistische Freiheit hat nun mal ihren materiellen und ideellen Preis. Ein Grund, dagegen zu sein.
Michael Holleschowsky
Veröffentlicht in der jungen Welt am 07.11.2019.
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