Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2024
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50 Jahre Putsch in Chile

50 Jahre Putsch in Chile

Im Jahr 2023 jährt sich der faschistische Putsch in Chile zum 50. Mal. Anlässlich dieses Ereignisses plant die Tageszeitung junge Welt eine Veranstaltungsreihe. Es werden der eingeschlagene sozialistische Weg durch die Unidad Popular und den Präsidenten Salvador Allende gewürdigt, der Putsch durch General Augusto Pinochet unter Anleitung und Finanzierung durch die USA sowie der Widerstand dagegen in Erinnerung gebracht. Vielfache Bezüge zu heutigen Entwicklungen werden hergestellt. Den Höhepunkt fand unsere Reihe mit einem Konzert im Gedenken an den chilenischen Musiker Victor Jara. Einige weitere Veranstaltungen sind noch in Planung.

Die Veranstaltungen unserer Chile-Reihe finden Sie unten:
Alle Veranstaltungen in der Maigalerie der jungen Welt werden auch per Livestream auf jungewelt.de übertragen.

  • · Teilnehmer

    Nicolás Rodrigo Miquea

    Nicolás Rodrigo Miquea

    Der Liedermacher, Dichter und Gitarrist Nicolás Rodrigo Miquea wurde 1981 in Talcahuano in Chile geboren. Er studierte klassische Gitarre in New York, Weimar und Rostock. Heute unterrichtet er Gitarre an einer Musikschule in Berlin und gibt Konzerte.

    Nicolás Miquea hat sich mit seinem lateinamerikanischen Erbe auseinandergesetzt und ließ sich von großen Liedermachern wie Víctor Jara und Violetta Parra inspirieren. Viele seiner Texte wurden in Chile veröffentlicht. Seine erste Gedichtsammlung “Cabeza, manos, tronco y cuello” (Kopf, Hände, Rumpf und Hals) erschien 1994. In seinen Liedern behandelt Nicolás neben Biographischem vor allem politische Themen. „Für mich ist Musik politischer Aktivismus.“, sagt er in einem Interview mit Lateinamerika Nachrichten.

    Dabei setzt er sich kritisch mit der Rolle des Westens in der Welt auseinander. Dies wird beispielsweise in dem Lied „Cuando el imperio habla de paz“ („Wenn das Imperium von Frieden redet“) deutlich. Zudem kritisiert er, dass sich die Menschen hier in Europa trotz besserer Bildung kaum der globalen Zusammenhänge und Konflikte bewusst sind. Diese Blindheit bzw. dieses Nicht-sehen-wollen behandelt er in seinem Lied „Discusión con un europeo“ („Diskussion mit einem Europäer“). Nicolás beleuchtet hier die Kehrseite der Medaille der globalisierten Welt, der Transkulturalität. Denn im Westen nutzen wir die Vorteile der Globalisierung auf Kosten der Anderen. Die Grenzen sind geöffnet um unsere Bedürfnisse zu erfüllen, gleichzeitig jedoch werden sie immer fester, höher, sicherer. „Europäer du vergisst“, sagt Nicolás Miquea in dem Text, „el tsunami de huesos que se asoma por tus fronteras“ („den Tsunami aus Knochen, der sich vor deinen Grenzen ansammelt“).

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    Rudolf Herz und Frank Schumann sprechen über eine Rettungsaktion von chilenischen Genossinnen und Genossen. Beide waren mit ihren Aufsätzen in der von Gotthold Schramm herausgegebenen Textsammlung »Flucht vor der Junta: DDR-Rettungsaktionen zur Rettung von Antifaschistinnen und Antifaschisten aus Chile« vertreten. (Edition Ost, Berlin 2005)

    Rudolf Herz war Offizier der Auslandsaufklärung im MfS der DDR im besonderen Einsatz (OibE), Dienstgrad: Major. In Chile war er von 1973 bis 1975 und 1978 bis 1983 im Einsatz. Im September 1973 wurde er mit dem Decknamen »Benz« nach Santiago de Chile geschickt, um beispielsweise die Ausschleusung von Carlos Altamirano über die Anden nach Argentinien zu organisieren. Dieser war der Generalsekretär der Sozialistischen Partei und Freund Allendes. Die Rettung von Funktionären der Unidad Popular und anderer verfolgter Chilenen war in Berlin geplant und vorbereitet worden. Mit präparierten Autos brachte man sie außer Landes. Rudolf Herz berichtet bei der Veranstaltung detailliert über die Rettungsaktion.

    Frank Schumann ist Publizist und Verleger. Er gründete 1991 die »edition ost«. Schumann war beim Putsch 1973 Steuermann auf dem MSR »Wittstock« und meldete sich als Freiwilliger zu den Internationalen Brigaden, die es dann aber nicht gab. Dienstgrad: Oberleutnant zur See d.R. Ein Interview mit Frank Schumann zum Putsch in Chile und der Veranstaltung finden Sie hier.

    Moderation: Arnold Schölzel (jW)

    Die Aufzeichnung der Veranstaltung können Sie hier ansehen.

  • Ausstellung in der Maigalerie der jungen Welt von Nachdrucken ch
    Ausstellung in der Maigalerie der jungen Welt von Nachdrucken chilenischer Siebdrucke

    Im Rahmen der Veranstaltungsreihe zum 50. Jahrestag des faschistischen Putsches in Chile wird eine kleine Auswahl von Nachdrucken chilenischer Siebdrucke im Originalformat präsentiert, die unter dem Titel »Das Volk hat Kunst mit Allende« entstanden sind. Diese Sammlung wurde im Präsidentschaftswahlkampf 1970 von einer Wählerinitiative der bildenden KünstlerInnen der Unidad Popular zur Unterstützung von Salvador Allende als Wahlbeitrag zusammengestellt und in siebzig Städten Chiles gezeigt.

    Die 1973 angefertigten Nachdrucke wurden zum Verkauf angeboten, deren Erlös ging an vom Militärregime verfolgte ChilenInnen. Die Originale und die Nachdrucke entsanden unter dem Motto »Kunst verbreiten und die gerechte Sache der chilenischen Volkseinheit stärken«.

    Die Ausstellung war vom 11. Mai bis 25. August in der Maigalerie der jungen Welt zu sehen.

  • 1100x526 Gomes-Chile 1973.png

    Am 13. Juli 2023 stellte der Autor Carlos Gomes sein aktuelles Buch in der Maigalerie der jungen Welt vor.

    Der Putsch in Chile im September 1973 ist bis heute im Gedächtnis der Weltgesellschaft lebendig. Neben dem Massenmorden der US-Army in Vietnam war dieser Gewaltakt gegen die gewählte sozialistische Regierung von Dr. Salvador Allende mit tausenden Toten eine weitere Gräueltat unter Führung des US-amerikanischer Geheimdienstes CIA.

    Carlos Gomes spürte in jahrelangen Recherchen die in DDR und BRD entstandenen Monumente auf. Besonderes Interesse entwickelte er für die von exilchilenischen Kunstbrigaden gemalten Wandbilder, den Murales. 27 Denkmäler und Wandbilder werden großzügig bebildert und mit einem Text zur Entstehung und Bedeutung eines jeden Monuments ergänzt. Ein Kapitel handelt von verschwundenen Wandbildern, die mit einzigartigen historischen Fotos dokumentiert werden.

    Die Aufzeichnung der Veranstaltung kann hier angesehen werden.

  • · Berichte

    Bildreportage: Aufbruch und Exil. Chile in der DDR und BRD

    Carlos Gomes

    Ich erinnere mich daran, in meiner Kindheit im Elternhaus die Lieder von Víctor Jara sowie von den exilchilenischen Musikgruppen Quilapayún und Inti-Illimani gehört zu haben. Auch wenn mir ihr tieferer Sinn erst einmal entging, bezauberten mich die Melodien, der leidenschaftliche Gesang und die Virtuosität der Gitarren- und Flötenspieler, die die Musikanlage wiedergab.

    Davon abgesehen, dass ich weiterhin revolutionäre chilenische Musik hörte, hatte ich mein Leben lang keinen besonderen Bezug zu Kultur und Geschichte des schmalen Andenstaats. Bis ich vor wenigen Jahren im Rahmen eines Forschungsprojekts auf einige der chilebezogenen Gedenkstätten des Allende-Viertels in Berlin-Köpenick stieß: die Büste Salvador Allendes, die Gedichttafel zu Ehren Pablo Nerudas und die Statue vom musizierenden Víctor Jara.

    Vor dem Standbild Jaras stehend, hielt ich inne und hörte in meinem Kopf die Akkorde meiner Kindheits- und Jugendlieder. Die Zusammenhänge waren für mich allerdings noch nicht ganz klar. Ich fragte mich, warum im Pausenhof einer Köpenicker Schule der chilenische Musiker stand, den ich seit meiner Kindheit auf den Schallplattenhüllen meiner Eltern gesehen hatte. Ich beschloss, der Sache nachzugehen.

    Das Thema war fesselnd und ich befasste mich tiefer mit der Aufbruchstimmung im Chile der 1960er Jahre, dem Wahlsieg Allendes 1970, der brutalen Machtergreifung durch das Militär 1973 und dem darauffolgenden Exil Tausender Chileninnen und Chilenen. Allmählich schlossen sich einige Kreise: Ich begann die Anspielungen und Botschaften der Kampflieder genauer zu verstehen und begriff die enorme Bedeutung der Chile-Solidarität auf beiden Seiten der deutsch-deutschen Grenze und somit den Ursprung der Statuen, Büsten, Skulpturen, Gedenktafeln und Wandbilder zu Ehren der Opfer des Staatsstreichs.

    Zum 50. Jahrestag des Putsches erscheint nun dieses Buch. Es lädt Interessierte zu einer Zeitreise durch die deutsch-chilenische Geschichte ab den späten 1960er Jahren ein: von der Beziehung der sozialistischen Regierung Allendes zu BRD und DDR über die Unterdrückung der progressiven Kräfte in Chile und das Exil in beiden deutschen Staaten bis zum aktiven Widerstand gegen die Militärjunta während der 17 Jahre währenden Diktatur Augusto Pinochets. Der Leitfaden dieser Reise sind die in der DDR und BRD entstandenen Denkmäler und Wandbilder, in denen sich das Leid, der Kampfgeist und die Hoffnung der chilenischen Bevölkerung widerspiegeln.

    Dieser Beitrag erschien zuerst am 8. Juni in der Tageszeitung junge Welt.

  • Chile_Veranstaltung_Ladengalerie_1100_526px-1.png

    Die Veranstaltung fand am 29. Juni 2023 in der vollbesetzten Maigalerie der jungen Welt in Berlin statt.

    Einen Bericht in der jungen Welt lesen Sie hier. Eine ausgearbeitete Fassung des Referats von Jürgen Lloyd können Sie hier noch einmal nachlesen.

    Den Mitschnitt der Veranstaltung können Sie sich hier ansehen.

    Auf der Veranstaltung sollen der Pinochet-Putsch und die Militärdiktatur in Chile als brutalste Form bürgerlicher Herrschaft zur Durchsetzung der Interessen des US-amerikanischen Monopolkapitals analysiert werden. In Anlehnung an Überlegungen von Reinhard Opitz werden ihre Spezifika als »exportierter Faschismus«, der nicht über eine Massenbasis verfügte, in ein abhängiges Land und die Rolle westlicher neoliberaler Ökonomen in den Fokus genommen.

    Beleuchtet werden soll auch der Einfluss des Hitlerfaschismus. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs waren viele führende Nazis mit Hilfe US-amerikanischer Geheimdienstbehörden über die »Rattenlinien« nach Südamerika gekommen und unterstützten rechte Diktaturen. Der Schlachtfliegerheld Hans-Ulrich Rudel, der als Militärberater und Waffenbeschaffer fungierte, war nur einer von vielen deutschen Terrorhelfern Pinochets. Die Beifallsbekundungen, wie »Drei Jahre Marxismus sind der Armee genug«, sowie Legitimierungs- und Verharmlosungsversuche durch das Establishment von Politik und Medien, die die faschistische Herrschaft in Chile als »Notmaßnahme« und »kleineres Übel« abtaten, verweisen auch eindrücklich auf konservierte Elemente des Nazismus in der bürgerlichen Demokratie der Bonner Republik.

    In der Berliner Republik kooperiert der deutsche Imperialismus, diesmal im NATO-Bündnis, seit dem Euromaidan und Beginn des Krieges gegen Russland wieder mit Banderisten und anderen gefährlichen Faschisten in der Ukraine, deren Vorgänger sich in den 1930er-Jahren als gelehrige Schüler von Alfred Rosenberg und Co erwiesen hatten. Das wirft dringliche Fragen auf, die zur Diskussion gestellt werden sollen: Wie können faschistische Kontinuitäten und Rechtsentwicklungen vor allem in der gegenwärtigen deutschen Außenpolitik sowie deren unheilige Allianzen erkannt werden und wie muss der Antifaschismus ihnen begegnen – ohne falsche Etikettierungen vorzunehmen?

    Antifaschisten in Deutschland – die auf den Schultern großer Theoretiker stehen, welche noch die Werkzeuge der Wissenschaft und Weltanschauung des Marxismus anzuwenden wussten – finden sich heute vor der größten Herausforderung seit 1945. Die Auseinandersetzung mit der traumatischen Chile-Erfahrung der internationalistischen Linken kann wichtige historische und politische Koordinaten zur Orientierung liefern, die vor den tragischen Irrtümern und der (Kriegs-)Propaganda der derzeit hegemonialen und sogar in antifaschistischen Organisationen grassierenden liberalen Faschismustheorien bewahren können.

    Vorträge und Podiumsgespräch: Jürgen Lloyd (Marx-Engels-Stiftung) und Susann Witt-Stahl (Melodie & Rhythmus, junge Welt).
    Moderation: Arnold Schölzel (junge Welt)

  • Salvador Allende, chilenischer Präsident in Valparaiso, undatier
    Salvador Allende, chilenischer Präsident in Valparaiso, undatiert

    Am 11. Mai 2023 fand die ausverkaufte Auftaktveranstaltung in der Maigalerie der jungen Welt statt.

    Erinnert wurde an einen neuen Weg, der in drei großen Jahren, 1970 bis 1973, beschritten wurde. Einen friedlichen, parlamentarischen, unblutigen, den »chilenischen Weg«, auf dem zum ersten Mal in der Welt 1970 ein sozialistischer Präsident demokratisch gewählt wurde, der Arzt Dr. Salvador Allende. Der Glaube an den Aufbau einer demokratischen Gesellschaft, ohne Zerschlagung der alten Strukturen, erwies sich als tödlich. 40.000 Chileninnen und Chilenen wurden Opfer der Pinochet-Diktatur. Folterer und Mörder wurden nicht bestraft.

    Mit Gina Pietsch (Gesang) und Fabio Costa (Klavier).

    Rezension zur Veranstaltung in der jungen Welt vom 13.05.23

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