Neonazi »White Rex« getötet
Von Max Grigutsch
Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, wenn ein Neonazi ausgerechnet von der Armee des eigenen Nationalstaates getötet wird. Der in Moskau geborene Paramilitär Denis »White Rex« Kapustin ist am Sonnabend bei einem russischen Drohnenangriff im ukrainischen Gebiet Saporischschja im Alter von offenbar 41 Jahren gestorben. Er war der Kommandeur des »Russischen Freiwilligenkorps« (RDK), eines aus russischen Kämpfern bestehenden Neonazibataillons, das an der Seite der Ukraine gegen Russland kämpft. Die Einheit meldete den »heroischen« Tod Kapustins am selben Tag auf Telegram und kündigte Rache an.
Kapustin war Spiegel-Recherchen zufolge 2001 unter fadenscheinigen Vorwänden als jüdischer Kontingentflüchtling mit seiner Familie nach Deutschland gezogen und soll in Köln-Chorweiler gelebt haben. Nur wenige Monate später habe er eine dauerhafte Aufenthaltserlaubnis erhalten. Er betätigte sich im Kampfsport und in der Hooliganszene des 1. FC Köln, gründete 2008 die mit Nazisymbolen hausierende Modemarke »White Rex«, von der sein Spitzname herrührt. So ging es auch nach seiner Rückkehr nach Moskau weiter. Medienberichten zufolge machte sich Kapustin fortan als Organisator von Hooligankloppereien und neonazistischen Kampfsportveranstaltungen international einen Namen, so auch im Oktober 2018 beim »Kampf der Nibelungen« im sächsischen Ostritz.
Seit 2017 lebte Kapustin in der Ukraine. 2019 wurde ein EU-Einreiseverbot gegen ihn verhängt. Im selben Jahr hatte Der Spiegel noch über Verbindungen der »hybriden Person« Kapustin zum russischen Geheimdienst spekuliert. Etwa so: Präsident Wladimir Putin habe großes Interesse an Destabilisierungskampagnen in Europa – und Kapustin war bestens in der europäischen Rechten vernetzt.
Inzwischen ist bekannt, dass Kapustin seine Agenda eher an der Seite der Ukraine durchzusetzen versuchte. Berichten zufolge kämpfte Kapustin für die Vorherrschaft weißer Menschen und gegen den Vielvölkerstaat Russland unter Putin. Im März 2023 führte das RDK erste Operationen auf russischem Territorium in der Region Brjansk durch. Die Zusammenarbeit mit dem ukrainischen Militär erklärte das Korps zumindest einseitig. Im August 2022 hatte das RDK eine informelle Kooperation angekündigt, im Oktober dann ein Manifest veröffentlicht, in dem es sich als Teil der ukrainischen Streitkräfte bezeichnete, wie die Monatszeitung Baltimore Chronicle am Sonnabend online resümierte.
Von Russland wurde der faschistische Kämpfer Kapustin indes als gesucht gelistet und im November 2023 in Abwesenheit zu lebenslanger Haft in einer Strafkolonie verurteilt. Kurz darauf wurde das RDK als Terrororganisation eingestuft. Anders in Deutschland. Hier gab es noch im März dieses Jahres Polizeigeleit unter Erfüllung von Extrawünschen für die Neonazitruppe. Kämpfer des RDK – wohl ohne Anwesenheit Kapustins – hatten für eine »Anti-Putin-Demo« in Berlin getrommelt und offenbar eine Ausnahme vom Vermummungsverbot beantragt; diesem Anliegen wurde zum »Schutz ihrer Identität vor möglichen Repressalien durch die russische Regierung« entsprochen, wie eine Polizeisprecherin gegenüber junge Welt ausführte. Auch der Jugendverband der Neonazipartei »Der III. Weg« beteiligte sich an dem Aufmarsch. Fotos belegen unter anderem die Präsentation der von den ukrainischen »Asow«-Brigaden verwendeten Wolfsangel, die einst zum BeispielTruppenkennzeichen der SS-Panzerdivision »Das Reich« gewesen war.
Stichwort »Asow«. Zu der inzwischen ins ukrainische Militär eingegliederten faschistischen »Spezialeinheit« pflegte Kapustin schon seit seinem Umzug in das Land enge Beziehungen. Laut der Leiterin der internationalen Abteilung von »Asow«, ihres Zeichens »First Lady« des ukrainischen Nationalismus, Olena Semenjaka, half Kapustin der Einheit etwa bei der internationalen Vernetzung und bei Auftritten in anderen Ländern, wie zum Beispiel Baltimore Chronicle berichtete.
An der Seite von »Asow« wird wohl auch die bis zu seinem Tod von Kapustin angeführte Truppe weitermachen. »Das Russische Freiwilligenkorps hat gekämpft, kämpft und wird weiter kämpfen«, hieß es am Montag auf dem ukrainischen Telegram-Kanal der Einheit. Zitiert werden die Worte des Kommandeurs »White Rex«: »Solange die Russische Föderation in ihrer jetzigen Form existiert, wird sie immer eine Bedrohung für uns sein, und wir müssen eine Bedrohung für sie sein.«
Friedenspropaganda statt Kriegsspielzeug
Mit dem Winteraktionsabo bieten wir denen ein Einstiegsangebot, die genug haben von der Kriegspropaganda der Mainstreammedien und auf der Suche nach anderen Analysen und Hintergründen sind. Es eignet sich, um sich mit unserer marxistisch-orientierten Blattlinie vertraut zu machen und sich von der Qualität unserer journalistischen Arbeit zu überzeugen. Und mit einem Preis von 25 Euro ist es das ideale Präsent, um liebe Menschen im Umfeld mit 30 Tagen Friedenspropaganda zu beschenken.
links & bündig gegen rechte Bünde
Jetzt den kostenlosen jW-Newsletter abonnieren – täglich das Beste aus der Tageszeitung junge Welt, direkt in Ihr Postfach. Ihre E-Mail-Adresse wird natürlich niemals an Dritte weitergegeben.
Ähnliche:
Stringer/REUTERS17.11.2025Vormarsch im Nebel
Evan Vucci/AP/dpa25.09.2025Wende oder Bluff?
REUTERS/Yevhen Titov05.01.2023Ungewisse Kriegsaussichten
Mehr aus: Antifaschismus
-
»Ganz klar eine Abschreckungsstrategie«
vom 31.12.2025